Ein Stück Nordsee im heimischen Garten

Neuweiler · Strandkörbe kann man kaufen. Man kann aber auch zu ihnen hinfahren und sie ersteigern. SZ-Mitarbeiter Christof Müller machte sich auf in Richtung Nordsee – und wurde im beliebten Feriengebiet fündig.

 Über 1000 Körbe stellt die Nordsee-Gemeinde St. Peter-Ording jedes Jahr am größten Sandstrand Deutschlands für Sonnenhungrige auf. Ausrangierte Modelle kann man ersteigern. Foto: Müller

Über 1000 Körbe stellt die Nordsee-Gemeinde St. Peter-Ording jedes Jahr am größten Sandstrand Deutschlands für Sonnenhungrige auf. Ausrangierte Modelle kann man ersteigern. Foto: Müller

Foto: Müller

Ein Lieblingsplatz, das ist ein Ort, an dem man gern einmal die Füße hochlegt und die Seele baumeln lässt. Mal ist er auf der Couch, in den Bergen, am anderen Ende der Welt oder eben am Meer. Dann sitzt man dort bei Sonnenuntergang gemütlich im Strandkorb und genießt das Wellenrauschen. Doch wie stellt sich dieses entspannende Urlaubsgefühl auf Dauer ein? Einen neuen Strandkorb zu kaufen und ihn in den heimischen Garten in Neuweiler hinzustellen, nutzt da auch nichts, der riecht einfach nicht nach Nordsee und sieht auch viel zu unbenutzt aus.

Die Küstengemeinde St. Peter-Ording, rund 850 Kilometer von der saarländischen Heimat entfernt, bietet deshalb eine ganz besondere Möglichkeit, sich den gewohnten Strandurlaub nach Hause zu holen. Einmal im Jahr kommen bei der Strandkorbversteigerung rund 60 altgediente Exemplare unter den Hammer. Jahrelang standen sie zuvor in der Saison tapfer bei Wind und Wetter auf dem feinkörnigen Sand herum, nun können sie sich auf ein Leben in einer zweiten Heimat freuen. Und so beginnt die Jagd nach dem begehrten Objekt an einem Wochentag in der Frühe. Mit dem geräumigen Mietanhänger zieht sich die lange Fahrt an die Küste über 13 Stunden. Am Abend bleibt da nur noch der frühe Sprung in die Federn. Man will ja fit sein für das bevorstehende Auktionsspektakel.

Vor Ort gibt sich die Mannschaft des örtlichen Bauhofs, der die Auktion durchführt, ganz kundenorientiert und lädt zwei Stunden vor Beginn zur Besichtigung der alten Strandschätzchen ein. Spätestens jetzt ist die Jagd eröffnet. Alte und junge Interessenten, Paare, Familien, Singles - alle wuseln durch die Reihen, machen sich Notizen und prüfen kritisch das Angebot.

Kleine und große Macken

"Ausgemustert wird, was es nicht mehr zu reparieren lohnt", erklärt ein Gemeinde-Angestellter den Sinn der Veranstaltung. Und so haben alle Modelle neben ihrer Auktionsnummer auch ihre kleinen oder großen Macken. Kurz bevor der Hammer zum ersten Mal fällt, sind rund 200 potenzielle Bieter auf dem Gelände. Viele von ihnen haben ebenfalls Auto und Anhänger gleich mitgebracht. Die Spannung steigt, als Auktions-Urgestein und Bauhof-Mitarbeiter Heinz-Dieter Hecke den ersten Korb auf einer Sackkarre vorrollen lässt und den Hammer schwingt: "Sie sind alle etwa zehn Jahre alt, aber noch gut in Schuss". In schnellen Schritten schnellt der Preis für Auktions-Nummer eins auf weit über 100 Euro hoch. Fast schon im Minutentakt wechseln nun die Körbe den Besitzer. Doch wie könnte die eigene Kaufstrategie sein? Wirklich warten bis zur favorisierten Nummer 53? Und dann vielleicht mit leerem Anhänger zurück ins Saarland fahren, wenn es bei keinem Korb klappen sollte? So weit kommt es nicht. Bei Objektnummer 19 reißt der Geduldsfaden.

Der Preis schaukelt sich auf 95 Euro hoch: "Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten." Zuschlag, gekauft. Ein Schnäppchen. Zufriedenheit stellt sich ein. Munter sieht das Strand-Möbel mit der ehemaligen Betriebsnummer 527 auf dem Rücken aus: Polster und Sitzflächen teilweise in grün-orange, Teile sind im originalen SPO-Design blau-weiß erhalten. Die robusten Fußteile aus Holz brauchen einen neuen Anstrich, dann wird das schon wieder.

In der Auktions-Arena explodieren nun auch die Preise immer mehr, je weiter es dem Ende entgegen geht. Gar mancher Bieter aus nah und fern nimmt gleich mehrere Körbe mit. Als auch das letzte Exemplar versteigert ist, steht fest: Bis weit über 200 Euro gaben die Bieter für die ungewöhnlichen Sitzgelegenheiten aus. Auch die Gemeinde wird sich am Ende gefreut haben: "Damit wurde die Haushaltskasse wieder um mehrere 1000 Euro bereichert", lautete am Ende das Resümee von Auktionator Hecke.

Gut verstaut geht es für Nummer 527 anschließend auf die lange Reise quer durch die Republik nach Neuweiler . Dort ist der Platz im heimischen Garten bereits bestens präpariert für das ausgefallene Freiluft-Möbelstück. Nach dem langen Trip ans Meer kann nun der Strand-Sommer zu Hause kommen.

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