Jazzfestival Ein Klang von Sehnsucht und Melancholie

St. Ingbert · Nach der Absage der US-Formation „Take6“ für das St. Ingberter Jazzfestival ist nun für Ersatz gesorgt. Carminho bringt den Fado in die Stadt.

 Carminho – mit bürgerlichem Namen eigentlich Maria do Carmo de Carvalho Rebelo de Andrade – gilt als aktuell bedeutendste Botschafterin des Fado, der typischen Musik ihrer portugiesischen Heimat.

Carminho – mit bürgerlichem Namen eigentlich Maria do Carmo de Carvalho Rebelo de Andrade – gilt als aktuell bedeutendste Botschafterin des Fado, der typischen Musik ihrer portugiesischen Heimat.

Foto: Leo Aversa

Nicht immer kommt es so, wie man es zuvor sorgfältig geplant hat. Von dieser Tatsache wurden auch die Organisatoren des 32. Internationalen Jazzfestivals in St. Ingbert nicht verschont. Ausgerechnet die Stars des Festivals, die US-amerikanische A-Capella-Gruppe „Take 6“ sagten ihre komplette Europa-Tournee und damit auch den Auftritt in der Stadthalle der Ingobertusstadt ab.

Doch man hat durch einen Glücksfall einen gleichwertigen Ersatz gefunden. Am Sonntag, 22. April, wird die Sängerin Carminho nebst ihrer Band und der Schweizer Formation „Nuevo Orchestra“ die Bühne betreten. Carminho – mit bürgerlichem Namen eigentlich Maria do Carmo de Carvalho Rebelo de Andrade – gilt als aktuell bedeutendste Botschafterin des Fado, der typischen Musik ihrer portugiesischen Heimat. Wenn man Sehnsucht und mitreißende Melancholie in Musik fassen will, kommt man am Fado nicht vorbei. Abgeleitet vom portugiesischen Wort für Schicksal entwickelte sich der Fado zunächst in den Armenvierteln von Lissabon, ausgehend von der Musik der Seefahrer. Was zunächst Musik in eher anrüchigen Lokalitäten war, fand im 19. Jahrhundert den Weg in die bürgerlichen Salons. Heute ist Fado aus der Kultur Portugals nicht mehr wegzudenken. Und er hat neue Interpreten gefunden, die frenetisch gefeiert werden.

Eine davon ist die Sängerin Carminho, die beim Internationalen Jazzfestival in St. Ingbert zu Gast sein wird. Bereits im Alter von zwölf Jahren stand für sie fest, Sängerin zu werden. Kein Wunder, denn der Fado prägte als Tochter der bekannten Künstlerin Teresa Siqueira von Kindheit an die Umgebung des Mädchens. 2003 erregte die damals 19-Jährige durch ihre intensive und emotionale Interpretation der Lieder größere Aufmerksamkeit. Dennoch sollten sechs Jahre vergehen, bis das Debütalbum mit dem Titel „Fado“ erschien. Eine CD, die sich ganz der Tradition widmete.

Seitdem gelten Tonträger von Carminho als Garant für Verkaufserfolge. Und im Laufe der Jahre ist die Sängerin mutiger und neugieriger geworden. 2014 begann ihre Beschäftigung mit der Musik Brasiliens. Zwei Jahre später dann die Einladung der Familie eines der wichtigsten Komponisten Südamerikas, Tom Jobim (1927-1994). Aus der Begegnung mit dessen Söhnen Paolo und Daniel wurde eine fruchtbare Zusammenarbeit, die schließlich in der CD „Carminho Canta Tom Jobim“ gipfelte. Wie kaum anders zu erwarten, erntete das Album wiederum Platin.

Carminho ist auch hierzulande endgültig auf den Bühnen der großen Häuser angekommen. Davon zeugen die aktuellen, ausverkauften Konzerte in der Elbphilharmonie Hamburg, der Philharmonie Köln und dem Konzerthaus Wien. Sie möchte den Fado möglichst unverfälscht und doch individuell präsentieren, traditionell und neu zugleich, inspiriert von portugiesischer Folklore und spanischen Einflüssen. Bei musikalischen Ausflügen zu Evergreens der Bossa-Nova-Legende Tom Jobim oder Songs des Superstars Marisa Monte wird auch ihre große Liebe zu Brasilien spürbar.

Beim Internationalen Jazzfestival St. Ingbert lotet Portugals Botschafterin des Fado gemeinsam mit dem Klassik Nuevo Orchestra die sinfonischen Dimensionen des Fado aus. Die Mitglieder des neu gegründeten Schweizer Kammerensembles sind alle jünger als 35 Jahre, wandelbare Musiker, die sonst in Klangkörpern renommierter Häuser wie der Tonhalle Zürich musizieren. Auch beim Fado und den eigens für diese Produktion geschriebenen Arrangements beweist das junge Ensemble Virtuosität. Orchestral beflügeln sie Melancholie und tänzerische Leichtigkeit, führen zum ausdrucksstarken Timbre der Hauptakteurin Carminho und dem Spiel von Bass, portugiesischer und akustischer Gitarre den Fado hin zu neuem Klang.

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