Hilfe weltweit Psychologin hilft Ärzten ohne Grenzen

Saarbrücken/Berus · Kathrin Osterziel aus Berus war schon in Kenia, Usbekistan und Jordanien im Einsatz.

 Das Ärzte-ohne-Grenzen-Team im jordanischen Al-Ramtha an Weihnachten 2016. Abgebildet sind (von links nach rechts oben) Hardik Vyas (Chirurg), Caroline Grenier (Administration), Destaw Bantayehu (Medizinischer Leiter), Kassahun Abate (Techniker), unten: Kathrin Osterziel (Psychologin), Carmelita Lopez (Infektionsschutz-Beauftragte), Giulia Locatelli (Krankenschwester).

Das Ärzte-ohne-Grenzen-Team im jordanischen Al-Ramtha an Weihnachten 2016. Abgebildet sind (von links nach rechts oben) Hardik Vyas (Chirurg), Caroline Grenier (Administration), Destaw Bantayehu (Medizinischer Leiter), Kassahun Abate (Techniker), unten: Kathrin Osterziel (Psychologin), Carmelita Lopez (Infektionsschutz-Beauftragte), Giulia Locatelli (Krankenschwester).

Foto: Giulia Locatelli/Foto: Giulia Locatelli, MSF

Seit April ist Kathrin Osterziel wieder zu Hause in Berus. „Ich bin jetzt so viel umgezogen. Das reicht erstmal. Ich will jetzt nicht noch etwas oben drauf packen, sondern alles vertiefen“, sagt die 31-jährige Psychologin. Denn die Erfahrungen, die die junge Frau bei ihren Einsätzen für die Hilfsorganisation „Ärzte-ohne-Grenzen“ in den vergangenen Jahren gesammelt hat, reichen sicher für zwei Leben. Im Juli 2016 war Osterziel nach Jordanien gestartet, um den Kriegsopfern aus Syrien zu helfen. Jordanien ist ein Land mit 9,5 Millionen Einwohnern. „Die haben nach offiziellen Zahlen etwa 650 000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, in Wahrheit sind es wohl mehr als eine Million“, sagt Osterziel. Sie wurde direkt in Grenznähe zu Syrien eingesetzt. „15 Kilometer von der Grenze entfernt haben wir die Bombeneinschläge gehört“, berichtet die Psychologin. Die Opfer kamen fast täglich über die Grenze. „Ich habe dann mit den Amputierten, den Trauernden, den Menschen mit Depressionen und Ängsten gearbeitet“, erzählt die Saarländerin. „Motivation ist dabei alles. Was kann ich tun mit nur einem Bein?“, erzählt sie von ihren Begegnungen mit den Opfern. Dabei mussten diese Verletzten nach der Behandlung im grenznahen Krankenhaus in Zaatari, das sie während der Behandlung auch nicht verlassen durften, wieder zurück nach Syrien in den Krieg. Denn Jordanien hatte die Grenze für Flüchtlinge im vergangenen Juni geschlossen.

In Irbid, der mit 350 000 Einwohner drittgrößten Stadt Jordaniens, war das Patienten-Klientel für Osterziel ein anderes. „Da waren auch etwa 30 Prozent Jordanier darunter, die an Übergewicht und Diabetes litten“, berichtet sie. Während ihrer Arbeit für „Ärzte-ohne-Grenzen“ gab es auch die Chance, etwas von der Umgebung zu sehen. So besuchte Katharina Osterziel das Tote und das Rote Meer, die antiken Stätten von Petra sowie auch den See Genezareth. „Ich habe dort kein Arabisch gelernt, ich hatte den Kopf noch voll mit Russisch“, sagt Osterziel und lacht. Vor dem Einsatz in Jordanien war sie für „Ärzte ohne Grenzen“ von 2015 bis 2016 in Usbekistan aktiv, das lange Zeit zu Russland und der Sowjetunion gehörte. „Dort tragen die muslimischen Frauen nicht wie in Jordanien Kopftücher“, sagt Osterziel. Als psychosoziale Beraterin arbeitete sie in Taschkent, der Hauptstadt Usbekistans an der alten Seidenstraße in einem HIV-Projekt in einem fünfköpfigen Team, einer Ärztin von den Philippinen, einem Chefarzt aus Nepal, einem Logistiker aus Kanada und einem Kollegen aus Italien. „Ich habe ein Training für Ärzte und Krankenschwestern gemacht in Gesprächsführung“, sagt Osterziel. Denn in der Aids-Klinik von Taschkent geht es jeden Tag darum, den Patienten zu vermitteln, wie sie die Ansteckung mit Aids verhindern können und dass sie die Medikamente regelmäßig nehmen müssen. „In Usbekistan ist vor jeder Hochzeit ein HIV-Test Pflicht“, berichtet die Psychologin. Da würden dann auch Hochzeiten plötzlich abgesagt, die jungen Brautpaare stürzten in eine Lebenskrise. Auch in Usbekistan habe sie in dem Jahr manches vom Land gesehen, die alten Handelsstädte Buchara und Samarkand, ebenso wie die Umweltkatastrophe am austrocknenden Aralsee. „Ich habe 13 Erdbeben während meiner Zeit dort miterlebt“, sagt sie.

Mit der Aids-Hilfe in Afrika hatten ihre Auslands-Einsätze begonnen. Noch während des Wirtschafts-Psychologie-Studiums in Trier war sie 2009 ein halbes Jahr in Kisumu am kenianischen Ufer des Victoria-Sees im Tuungane-Jugend-Zentrum. „Das war sehr spannend“, sagt Osterziel. Sie sei mit einem Dolmetscher zu den jungen Infizierten geradelt, um die Patienten zu messen, zu wiegen und den HIV-Schnelltest zu machen. „Das halbe Jahr habe ich selbst finanziert. Ich hatte vorher in der Familienhilfe des Johanniter-Unfallhilfe gearbeitet und Geld gespart“, berichtet Ärzte ohne Grenzen Mitarbeiterin Osterziel.

 Feierlichkeiten im Krankenhaus in Zaatari anlässlich des internationalen Tages für seelische Gesundheit. Psychologin Kathrin Osterziel spricht mit den jungen Tänzerinnen.

Feierlichkeiten im Krankenhaus in Zaatari anlässlich des internationalen Tages für seelische Gesundheit. Psychologin Kathrin Osterziel spricht mit den jungen Tänzerinnen.

Foto: Ärzte ohne Grenzen/Maya Abu Ata/MSF

Ab dem Jahr 2010 arbeitete Osterziel in „einem sehr schönen Bundesland“: In Bayern im Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren. „Da habe ich ab 2014 viel mit Flüchtlingen gearbeitet und Englisch sowie Französisch gesprochen.“ Das habe „die Sehnsucht geweckt“, und „Ärzte ohne Grenzen“ schickte sie dann 2015 nach Usbekistan. Doch jetzt will Katharina Osterziel erstmal ihre psychotherapeutische Ausbildung in Deutschland beenden und auch hier arbeiten. „Die meisten, die in Projekten von Ärzte ohne Grenzen arbeiten, tun das am Anfang oder am Ende ihrer Berufskarriere“, erklärt die Psychologin. Sie ist jetzt selbst bald mittendrin. Aber vielleicht zieht es sie in 25 Jahren wieder dorthin, wo die Menschen in Armut und Elend leben. Und wieder  ihre Hilfe benötigen.

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