Als Helmut Schmidt Wahlkampf in Zweibrücken machte

Zweibrücken · Voll besetzt war die Zweibrücker Festhalle am 23. September 1969, als Helmut Schmidt dort im Wahlkampf Station machte. Der Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion forderte ein Mehrheitswahlrecht, da er gegen Koalitionen sei.

 Helmut Schmidt in der Zweibrücker Festhalle mit Oberbürgermeister Helmut Fichtner, SPD-Ortsvereinsvorsitzendem Werner von Blon (von links) und SPD-Unterbezirkschef Hugo Collet (rechts). Fotos: Stadtarchiv

Helmut Schmidt in der Zweibrücker Festhalle mit Oberbürgermeister Helmut Fichtner, SPD-Ortsvereinsvorsitzendem Werner von Blon (von links) und SPD-Unterbezirkschef Hugo Collet (rechts). Fotos: Stadtarchiv

Als Bundeskanzler war Helmut Schmidt zwar nie in Zweibrücken (wir berichteten), weshalb sich auch langgediente Kommunalpolitiker wie Jürgen Lambert und Kurt Pirmann nicht an einen Schmidt-Besuch in der Rosenstadt erinnerten und es auch keinen Schmidt-Eintrag im Goldenen Buch der Stadt gibt. Gestern allerdings ergaben weitere Merkur-Recherchen im Stadtarchiv und alten Zeitungsbänden: Schmidt war doch einmal in Zweibrücken - und zwar als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion im Wahlkampf 1969. "Noch nie war beim Wählerpublikum eine so kritische Neugierde vorhanden wie in diesem Wahlkampf ", begann der Merkur-Lokalaufmacher am 24. September mit einem Schmidt-Zitat aus der Veranstaltung in der voll besetzten Festhalle am Vortag. Anwesend war auch "die internationale Presse". Weiter berichtete der Merkur-Reporter: "Harte Kritik übte Schmidt an der Wahlpropaganda der CDU mit dem Slogan ,Auf den Kanzler kommt es an', Kiesinger werde hier in eine Führerrolle hineinmanövriert, obwohl er alles andere als eine Führerpersönlichkeit sei. Außerdem habe man ja die Nase voll von Staaten, in denen ein Mann regiert." Wobei den damaligen Lesern klar gewesen sein dürfte, dass Schmidt an dieser Stelle nicht "Mann", sondern "ein" betont hatte . . . Schmidt sagte weiter, Kanzler Kurt-Georg Kiesinger (CDU ) sei ein "netter Mann", und dadurch zu schwach gegenüber seinen Wahlkampfmanagern. Vor allem könne man mit Kiesinger nie streiten, was sich in der großen Koalition, in der man sich schließlich zusammenraufen müsse, besonders nachteilig ausgewirkt habe.

Große Bedenken äußerte Schmidt zur Entwicklung der NPD . Wenn diese Partei die Fünf-Prozent-Hürde überschreite, könne die Angst im Ausland vor den kriegerischen Deutschen neu entflammen, zitierte der Merkur Schmidt in indirekter Rede.

Aus dem Publikum wurde zuerst das Mehrheitswahlrecht angesprochen - Schmidt antwortete, er befürworte uneingeschränkt dessen Einführung (zu der es bekanntlich nie kam), da er ein Gegner von Koalitionen sei, weil dadurch noch mehr Kompromisse gemacht würden, als es in einer Demokratie so schon notwendig sei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort