Neue Verspätungen beim A380 Auch Boeing verschiebt wieder Liefertermine der neuen 787

Paris. Airbus verbucht nach den geplatzten Werksverkäufen in Deutschland und Frankreich einen weiteren Rückschlag. Der europäische Flugzeugbauer musste gestern erneut Verspätungen für sein Großraumflugzeug A380 bekannt geben. Entsprechende Gerüchte hatten schon seit zwei Wochen die Runde gemacht

Paris. Airbus verbucht nach den geplatzten Werksverkäufen in Deutschland und Frankreich einen weiteren Rückschlag. Der europäische Flugzeugbauer musste gestern erneut Verspätungen für sein Großraumflugzeug A380 bekannt geben. Entsprechende Gerüchte hatten schon seit zwei Wochen die Runde gemacht. Da Airbus die Serienproduktion des Riesenfliegers noch immer nicht in den Griff bekommen hat, verschiebt sich der Zeitplan für den A380 nun bereits zum vierten Mal innerhalb von drei Jahren. So sollen nach Angaben des Airbus-Mutterkonzerns EADS in diesem Jahr nur zwölf statt der bisher geplanten 13 Maschinen ausgeliefert werden und im kommenden Jahr 21 statt 25. Airbus rechnet auch für 2010 mit weniger Auslieferungen. Er sei zuversichtlich, 2010 zwischen 30 und 40 Exemplare des größten Passagierflugzeugs der Welt mit über 800 Sitzplätzen ausliefern zu können, sagte Airbus-Chef Thomas Enders gestern während einer Telefonkonferenz. Bisher war der Flugzeugbauer von 45 Maschinen ausgegangen. Im Schnitt müssten die Kunden nun bis zu drei Monate länger auf den A380 warten, erklärte Enders. Angaben zu den Kosten wollte er dagegen nicht machen. "Wir können keine näheren Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen machen, da wir in den kommenden Wochen erst noch mit unseren Kunden verhandeln müssen", sagte er. Der Lieferplan für 2010 und die Folgejahre müsse ebenfalls noch festgelegt werden. Von einem Katastrophenszenario wie 2006 könne aber keine Rede sein. Die Kunden des Flugzeugbauers reagierten dennoch beunruhigt. So warnte Emirates Airlines, mit 58 Bestellungen der größte A380-Käufer, bereits, weitere Verzögerungen seien sehr ernst. Die Fluggesellschaft brauche Planungssicherheit. Singapore Airlines, die im Oktober den ersten A380 erhalten hatte, wartet auf weitere Details. Airbus-Verkaufschef John Leahy rechnet wegen der neuen Verspätungen aber nicht mit Stornierungen. Die Produktion des A380 wird derzeit von Einzel- auf Serienfertigung hochgefahren. Dabei ist das größte Problem noch immer die Verkabelung der Kabinen. Da die Großraumflugzeuge für jeden Kunden anders ausgestattet sind, wird die Installierung der je 500 Kilometer langen Kabelsätze in den ersten 25 Maschinen von Hand vorgenommen. All das dauert länger als zunächst geplant und so kann die Serienproduktion erst im ersten Halbjahr 2009 anlaufen. Die fast zweijährigen Verspätungen bei dem Großraumflugzeug haben den Airbus-Mutterkonzern EADS bereits mehrere Milliarden Euro gekostet und zum Sparplan Power 8 geführt. Er sieht den Abbau von 10000 Stellen und den Verkauf mehrerer Werke vor. Bisher wurde noch kein Käufer gefunden. Airbus-Vize Fabrice Br&;gier kündigte nun wegen der anhaltenden Dollar-Schwäche zusätzliche Sparmaßnahmen bis Sommer an. Seattle. Für den Airbus-Konkurrenten Boeing droht die Entwicklung des Modells 787 (Spitzname: "Dreamliner") nun zum ähnlichen Desaster zu werden wie das A380-Programm für Airbus. Die US-Leasinggesellschaft ILFC muss nach eigenen Angaben auf ihre 74 bestellten Flugzeuge im Schnitt 27 Monate länger warten als geplant. Bei der Fluglinie Air Canada, die 37 Flugzeuge bestellt hat, sind es 24 bis 30 Monate. Wie die "Süddeutsche Zeitung" gestern berichtete, ist zudem die Gesellschaft Air Berlin, die 25 Maschinen bestellt hat, betroffen. Die angestrebte Fertigungskapazität von monatlich zehn Dreamliner-Jets werde voraussichtlich erst im Jahr 2012 statt 2010 erreicht, so eine Boeing-Sprecherin. dpa Meinung

Airbus-Probleme hausgemacht

Von SZ-RedakteurUdo Rau Nach den jüngsten Ankündigungen von Airbus-Chef Thomas Enders liegt das weltgrößte Passagierflugzeug schon rund zwei Jahre hinter Plan. Stets verkündet Airbus bei neuen Verzögerungen, jetzt alles im Griff zu haben. Stattdessen: Immer wieder neue Überraschungen. Daraus folgt: Die Airbus-Probleme sind weitgehend hausgemacht. Airbus schafft in seinem hochkomplexen Fertigungsverbund offensichtlich immer noch nicht die Planung der Abläufe und den Einsatz der eigenen Produktions- und Arbeitskräfteressourcen. Mittlerweile hat Airbus-Chef Enders längst zugegeben, dass man die Komplexität des Flugzeugs unterschätzt hat. Schadenfreude über das Desaster bei Airbus kommt beim Konkurrenten Boeing aber nicht auf: Sein "Dreamliner" entwickelt sich zum Alptraumflieger. Hier sind die weltweiten Zulieferungen Ursache der Verschiebungen. Warum setzen sich die Hersteller mit offensichtlich aberwitzigen Lieferzusagen so unter Druck?

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