Neue Bilder im Altbau

Saarbrücken · Im vergangenen Jahr hatte sich das Comic-Symposium der HBK mit „Autorencomics zwischen Bildgedicht und Graphic Novel“ beschäftigt. In diesem Jahr gab die Kunsthochschule kein Thema vor, sondern ließ verschiedene Künstler ihre Arbeiten präsentieren – darunter den Bremer Zeichner Till Thomas und den Saarbrücker Erik.

 Ein Blick in Eriks zweiten Band mit Detektiv Dédé, „Verlieren Sie nicht den Kopf“, ein Krimi in Südfrankreich. Foto: Epsilon Verlag

Ein Blick in Eriks zweiten Band mit Detektiv Dédé, „Verlieren Sie nicht den Kopf“, ein Krimi in Südfrankreich. Foto: Epsilon Verlag

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 Geiselnahme auf See: eine Seite aus Till Thomas' „Rezzo und Elisabeth“. Foto: Avant Verlag

Geiselnahme auf See: eine Seite aus Till Thomas' „Rezzo und Elisabeth“. Foto: Avant Verlag

Foto: Avant Verlag

Manchmal ist es gut, wenn man nicht der Schnellste ist. So sieht es der Bremer Künstler Till Thomas. Der arbeitete so lange an seinem ungewöhnlichen Comic "Rezzo und Elisabeth", dass sich zwischendurch der Markt für Comics verändert hat. Als er mit dem Band begann, so erklärte er bei seinem ironisch gewitzten Vortrag, da habe man in der Branche das Wort "Comic" ungern in den Mund genommen, zugunsten des gravitätischen Terminus "Graphic novel". Und der hatte damals in seinen Augen feste Vorgaben: Die Geschichte muss autobiografisch sein, sich genau so zugetragen haben und am besten noch verankert sein in einer markanten Phase der Weltgeschichte.

Damit kann/will Thomas nicht dienen - gut für ihn also, dass die betonte Strenge und Kopflastigkeit des "Graphic Novel"-Begriffs sich zu lockern scheint (und man auch einfach wieder ungeniert "Comic" sagen kann). So fand er für "Rezzo und Elisabeth" einen Verlag, was ihm Jahre früher, so spekuliert er (und spitzt wohl auch etwas zu), wahrscheinlich nicht leicht gelungen wäre. Aus dem fünften Kapitel des Buchs las Thomas danach, originell verbunden mit Animation der Bilder und piepsenden, blubbernden Elektro-Klängen wie bei einem antiken Computerspiel der 80er.

Diese Reduktion aufs Rudimentäre passte gut zum Schauplatz des 4. Comic-Symposiums. Hatte die HBK im Jahr zuvor in den ambitioniert dekorierten Pingussonbau des Kulturministeriums eingeladen, ging das Symposium nun im "Jules Verne" in der Mainzer Straße vonstatten - einem Raum mit dem eigenwilligen Charme eines bröckeligen Ur-Altbaus. In einer Lese-Ecke konnte man in Exponaten der Comic-Historie blättern, in Neuheiten, in modernen Klassikern wie Bill Wattersons "Calvin und Hobbes" und Pioniertaten wie Will Eisners "Spirit".

Eine Zimmerecke weiter stellten sich zwischen Donnerstag und Samstag Künstler vor - etwa Volker Zimmermann, der vor allem Übersetzer ist, in Paris aber an einem Projekt namens "papier gaché" arbeitet. Mit zwei Partnern gibt er als "Fanzine", also verlagsunabhängig und selbstfinanziert, Hefte heraus, die Arbeiten "am Übergang zwischen Comic und zeitgenössischer Zeichnung" zeigen. Die Auflage bewegt sich zwischen 200 und 300 Stück, das Titelmotiv ist von Hand gedruckt (die restlichen Seiten digital). Als Avantgarde will Zimmermann, der "gar nicht zeichnen kann", das Konzept nicht verstanden wissen - "Manifeste interessieren uns nicht" - eher als Aufbauarbeit. Lukrativ ist die nicht: Er und seine Partner haben (und brauchen) Brotberufe, "papier gaché" läuft nebenher.

Als letzter Künstler des Symposiums stellte der Saarbrücker Zeichner Erik seine Arbeit vor. Zur Zeit veröffentlicht er zwei Reihen gleichzeitig: die Detektivgeschichte "Dédé" und die epische Zeitreise "Deae ex machina" - für ihn zwei komplett konträre Arbeiten. Bei "Dédé" sei der Plot wichtiger als die Figuren, die sich ganz der Krimi-Logik der Fälle unterordnen. Bei den "Deae"-Göttinnen sei es anders. "Die Geschichte ist im Grunde einfach, aber sie wird nicht einfach erzählt." 50 feste Charaktere bevölkern die Geschichte, die sich munter zwischen verschiedenen Zeitebenen bewegt.

Einordnen will Erik seine Arbeit nicht. "Ich mache keine Kunst, sondern Unterhaltung", sagte er (ohne Koketterie), und erklärte das Handwerk - etwa wie er Kapitelübergänge durch ein fast filmisches Zoomen durch einzelne, immer detailliertere Bilder schafft, wie er recherchiert, und ab wann der Computer ins Spiel kommt: Nach der Vorzeichnung mit Bleistift und zwei Durchgängen mit Tusche wird die Comicseite gescannt und am PC coloriert. Die Sprechblasen werden erst dann montiert. Ob diese ganze Arbeit nun dem klassischen Comic oder eben der "Graphic Novel" zuzurechnen sei, ist für Erik keine entscheidende Frage. "Ich halte mich da raus."

Bis zum 18. Mai zeigt die HBK-Galerie eine Werkschau von Erik: Mittwoch bis Freitag 17-20, Samstag 12-18 Uhr.

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