6,1 Prozent Chinas Wachstum historisch niedrig

Peking · Die Wirtschaft der Großmacht ist seit 1990 nicht mehr so langsam gewachsen. Der Handelskonflikt mit den USA macht sich bemerkbar.

 Die Stimmung wurde zum Jahresende besser. Dennoch ist Chinas Wachstum von 6,1 Prozent zu wenig für den eigenen Anspruch .

Die Stimmung wurde zum Jahresende besser. Dennoch ist Chinas Wachstum von 6,1 Prozent zu wenig für den eigenen Anspruch .

Foto: Getty Images/ istock/Rudimencial

Vor dem Hintergrund des Handelskonflikts mit den USA und einer allgemein schwächeren Konjunktur ist Chinas Wirtschaft 2019 so langsam wie seit fast 30 Jahren nicht mehr gewachsen. Nach 6,6 Prozent 2018 legte die zweitgrößte Volkswirtschaft im abgelaufenen Jahr nur noch um 6,1 Prozent zu, wie das Pekinger Statistikamt am Freitag mitteilte.

Jedoch zeigte sich zum Jahresende eine leichte Stabilisierung. Wie schon im dritten Quartal verzeichnete Chinas Wirtschaft im Zeitraum von Oktober bis Dezember ein Plus von sechs Prozent. Im ersten Quartal waren 6,4 und im zweiten 6,2 Prozent erreicht worden.

Die etwas bessere Stimmung zum Jahresende dürfte laut Beobachtern auch mit der Entschärfung des Handelsstreits zwischen Peking und Washington zusammenhängen. US-Präsident Donald Trump hatte im Oktober eine Einigung über ein Teilabkommen verkündet, das in dieser Woche unterzeichnet wurde. Das Abkommen sieht vor, dass sich beide Seiten nicht mehr mit zusätzlichen Strafzöllen überziehen.

Dass der Konflikt zwischen der alten Weltmacht und dem Aufsteiger China damit vorüber ist, erwarten die meisten Beobachter jedoch nicht. Die Einigung verhindere vorerst zwar eine rasante Verschlechterung der Beziehungen. „Aber die zunehmende Rivalität zwischen den USA und China ist damit nicht ausgeräumt“, sagte Max Zenglein vom China-Institut Merics in Berlin. Sie werde das Verhältnis auch künftig weit über Handelsfragen hinaus prägen. Mit einem schnellen, umfassenderen Folgeabkommen sei nicht zu rechnen.

Die Spannungen zwischen den USA und China beunruhigen einer Befragung zufolge auch viele Bürger in der EU. Drei von vier Europäern seien besorgt über den Handelskonflikt der beiden Großmächte, in Deutschland gar 81 Prozent, berichtete die Bertelsmann Stiftung am Freitag. Eine beim Institut Dalia Research beauftragte Umfrage in den 28 Mitgliedsländern der EU zeige auch, dass Europäer sich zu einem großen Teil nach wie vor den USA verbunden fühlten.

Die Neuausrichtung der Wirtschaftsbeziehungen mit den USA bereitet der chinesischen Führung Kopfzerbrechen. Aber auch im Inland gibt es Probleme. Eine hohe Verschuldung belastet die Staatsfirmen. Gleichzeitig versucht die Regierung, das Land produktiver zu machen. „Die Umstellung auf ein nachhaltigeres Wachstumsmodell und die Bekämpfung der Risiken im Finanzsektor sind dringend notwendig, drücken aber auch das Wirtschaftswachstum“, sagte Experte Zenglein.

Im internationalen Vergleich ist Chinas Wachstum von 6,1 Prozent zwar weiter viel. Experten verweisen aber darauf, dass China als Schwellenland großen Nachholbedarf habe, den Schwung erhalten und Arbeitsplätze schaffen müsse.

Stützungsmaßnahmen haben 2019 schon dazu beigetragen, die chinesische Wirtschaft zu stabilisieren. Das wird sich auch 2020 nicht ändern. Schließlich gilt es für Peking, in diesem Jahr ein wichtiges Langzeitziel zu erreichen. Die Wirtschaftsleistung und das Einkommen der Chinesen sollen bis Ende 2020 im Vergleich zu vor zehn Jahren verdoppelt werden.

Vor allem steht aber 2021 das 100. Jubiläum der Kommunistischen Partei an, da soll Chinas Stärke zelebriert werden. „Infolgedessen wird die Regierung einer sich verlangsamenden Wirtschaft noch mehr Aufmerksamkeit schenken“, glaubt Zenglein.

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