Hambacher Forst bleibt Milliarden für den Braunkohle-Ausstieg

Berlin · Bund, Länder und Betreiber haben sich auf einen Fahrplan für das Ende der Braunkohle und die Höhe der Entschädigungen geeinigt.

 Das Braunkohlekraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt soll bis 2034 laufen. Bis 2038 sollen dann alle Kohlekraftwerke vom Netz sein.

Das Braunkohlekraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt soll bis 2034 laufen. Bis 2038 sollen dann alle Kohlekraftwerke vom Netz sein.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Nach langem Tauziehen haben sich Bund, Kohle-Länder und Versorger auf einen Fahrplan für die schrittweise Abschaltung aller Braunkohle-Kraftwerke geeinigt. Spätestens 2038 soll mit der Kohleverstromung in Deutschland endgültig Schluss sein.

Die Gespräche im Berliner Kanzleramt dauerten bis weit nach Mitternacht. Am Donnerstagvormittag gingen gleich drei müde, aber gut gelaunte Bundesminister vor die Kameras, um das Verhandlungsergebnis zu loben. Wirtschaftsressortchef Peter Altmaier (CDU) sprach von einem „historischen Durchbruch“ im Interesse des Klimaschutzes, Kassenwart Olaf Scholz (SPD) von entscheidenden Weichenstellungen, und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), verwies stolz darauf, dass Deutschland das erste Land sei, welches „endlich aus Atom und Kohle aussteigt“. Das sind die wichtigsten Punkte des Kompromisses:

Fahrplan: Von den insgesamt 30 Braunkohle-Kraftwerksblöcken sollen acht bis Ende 2022 stillgelegt werden, das erste noch in diesem Jahr. Die betroffenen Blöcke wurden zwischen 1959 und 1976 in Betrieb genommen und liegen im rheinischen Kohlerevier. Bis 2030 sollen weitere elf Anlagen folgen, davon fünf im Rheinland und sechs in der Lausitz. Die restlichen elf Kraftwerke in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und im Rheinland sollen zwischen 2034 und 2038 dicht machen. Der Hambacher Forst in NRW – ein Symbol für Klimaschützer – soll bleiben. Allerdings wird der Tagebau Garzweiler weitergeführt, was wohl die Umsiedelung von Ortschaften zur Folge hat.

Kontrolle: Den Ausstieg bis 2038 hatte schon die von der Bundesregierung eingesetzte Experten-Kommission vor einem Jahr empfohlen. Angeregt wurde damals auch eine zwischenzeitliche Überprüfung in den Jahren 2026 und 2029. Nach der jüngsten Vereinbarung will man bei diesen Gelegenheiten auch prüfen, ob die Stilllegung der letzten elf Kraftwerke bereits 2035 abgeschlossen werden kann. Entscheidend dafür ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Rund ein Drittel der Energieerzeugung in Deutschland geht derzeit auf die Kohlekraft zurück.

Entschädigung: Für das vorzeitige Abschalten bekommen die Betreiber insgesamt 4,35 Milliarden Euro. Auf Westdeutschland entfallen 2,6 Milliarden Euro, auf Ostdeutschland 1,75 Milliarden Euro. Und zwar verteilt auf etwa 15 Jahre jeweils nach der Stilllegung. Die vier Braunkohle-Länder NRW, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg bekommen außerdem längstens bis 2038 bis zu 40 Milliarden Euro zur Bewältigung des Strukturwandels. Dazu soll es bis Mai eine Bund-Länder-Vereinbarung geben. Das Geld ist zum Beispiel für neue Bahn- und Straßenverbindungen sowie die Ansiedlung neuer Jobs gedacht. Darüber hinaus bekommen Beschäftigte in der Braunkohle ein „Anpassungsgeld“, um die Zeit notfalls bis zur Rente zu überbrücken.

Reaktionen: Umweltverbänden ist der Ausstiegsfahrplan viel zu lasch. Als „verheerendes Signal“ wird von ihnen auch kritisiert, dass das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in NRW doch noch ans Netz gehen soll. Die Bundesregierung verteidigte dies mit dem Hinweis auf eine Vermeidung weiterer Entschädigungszahlungen. Die FDP bemängelte, dass die Milliarden-Rechnung beim Verbraucher landen werde, der schon jetzt europaweit die höchsten Strompreise zu tragen habe. Die Linke nannte den Kompromiss „planlos und unterfinanziert“.

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