Teilhabechancengesetz Jobs für 51 000 Langzeitarbeitslose

Berlin · Der Staat zahlt Arbeitgebern die Lohnkosten, wenn sie Menschen einstellen, die schon lange ohne Arbeit sind. Dennoch bleibt die Lage am Arbeitsmarkt angespannt.

 Das sogenannte Teilhabechancengesetz ist im Januar 2019 in Kraft getreten. Mit rund vier Milliarden Euro wollen Union und SPD 150 000 Langzeitsarbeitslose wieder ins Berufsleben zurückführen.

Das sogenannte Teilhabechancengesetz ist im Januar 2019 in Kraft getreten. Mit rund vier Milliarden Euro wollen Union und SPD 150 000 Langzeitsarbeitslose wieder ins Berufsleben zurückführen.

Foto: dpa/Arne Dedert

Durch das sogenannte Teilhabechancengesetz haben bislang rund 51 000 Langzeitarbeitslose eine Beschäftigung gefunden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht darin einen Erfolg. Trotzdem ist immer noch etwa jeder dritte Erwerbslose in Deutschland länger als ein Jahr ohne Job.

Die Erwartungen waren groß, nachdem sich Union und SPD in ihrer Koalitionsvereinbarung auf die Schaffung eines sozialen Arbeitsmarktes festgelegt hatten. Immerhin vier Milliarden Euro lässt sich die große Koalition das Projekt kosten. Mit dem Geld sollen laut Koalitionsvertrag bundesweit bis zu 150 000 geförderte Stellen für Langzeitarbeitslose entstehen. Die entsprechenden Bestimmungen traten am 1. Januar 2019 in Kraft. Nach Auskunft des Bundesarbeitsministeriums ist das Vorhaben bislang aber erst zu einem Drittel verwirklicht. Mit Stand August sind demnach insgesamt 51 369 Langzeitarbeitslose in Lohn und Brot gekommen. Ressortchef Heil zeigte sich dennoch zufrieden: „Mit dem Teilhabechancengesetz schaffen wir Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren“, sagte er unserer Redaktion.

Im Kern geht es um zwei Gruppen schwer vermittelbarer Personen. Findet jemand eine Stelle, der seit mindestens sechs Jahren Hartz IV bezieht, dann zahlt der Staat dem Arbeitgeber maximal fünf Jahre lang die Lohnkosten. Anfangs komplett, danach sinkt die Förderung schrittweise. Von dieser Gesetzregelung konnten seit Beginn des vergangenen Jahres gut 40 000 Personen profitieren. Die anderen rund 11 000 waren zuvor mindestens zwei Jahre arbeitslos. Hier bekommt der Arbeitgeber 75 Prozent der Lohnkosten erstattet. Für alle gibt es obendrein beschäftigungsbegleitende Beratungen.

Wie das Arbeitsministerium weiter mitteilte, hatte rund die Hälfte der ehemaligen Langzeiterwerbslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Arbeitsverhältnisse seien insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Dienstleistungssektor zustande gekommen.

Zieht man die Gesamtzahl der Langzeitarbeitslosen in Betracht, dann ist die Wirkung des Gesetzes gleichwohl überschaubar. Im August waren bei der Bundesarbeitsagentur rund 863 000 Personen registriert, die seit mindestens zwölf Monaten keinen Job haben. Auch ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Erwerbslosen schon seit Jahren mit etwa einem Drittel relativ konstant geblieben.

Der Linkspartei gehen die Anstrengungen der Regierung deshalb nicht weit genug. „Langzeitarbeitslose haben es am Arbeitsmarkt besonders schwer“, sagte die Sozialpolitikerin Sabine Zimmermann unserer Redaktion. Durch die Corona-Pandemie verschärfe sich das Problem noch zusätzlich. Notwendig seien mehr Investitionen in Weiterbildung, für die es auch einen allgemeinen Rechtsanspruch geben müsse. Zudem sollten die Arbeitgeber stärker als bislang die Einstellung von langzeiterwerbslosen Menschen in Erwägung ziehen, meinte Zimmermann.

Dabei verwies sie auch auf die europäische Dimension des Problems. Aktuellen Daten der Statistikbehörde Eurostat zufolge waren 2019 in der Europäischen Union 40,1 Prozent der Arbeitslosen langzeiterwerbslos. Mit rund 70 Prozent am höchsten lag der Anteil in Griechenland. Schweden verzeichnete mit knapp 14 Prozent den niedrigsten Wert. Deutschland kam auf 37,8 Prozent. Davon war jeder Vierte bereits zwei Jahre und länger ohne Job. „Die Bundeskanzlerin muss dieses Thema auf die Agenda der EU-Ratspräsidentschaft setzen“, forderte Zimmermann.

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