Von der Leyen ist vor den Waffen im Irak

Es läuft nicht so richtig rund bei den deutschen Waffenlieferungen in den Irak. Ein niederländisches Transportflugzeug mit 27 Tonnen Gewehren, Panzerfäusten und Munition an Bord bleibt wegen eines technischen Defekts zwölf Stunden auf dem Flughafen Leipzig stecken.

Sechs Ausbilder und ein Sanitäter der Bundeswehr müssen sogar fünf Tage in einem Hotel in Bulgarien auf ihre Einreise in den Irak warten, weil sie kurzfristig ihr defektes Flugzeug auswechseln mussten und die neue Flugzeugnummer nicht anerkannt wurde. Als die Genehmigung aus Bagdad endlich da ist, stellt sich heraus, dass auch die Ersatzmaschine kaputt ist. Kurz vor dem Start wird eine Kerosinlache unter der fast 50 Jahre alten Transall entdeckt. Also müssen die Soldaten in ihr Hotel zurückkehren und weiter warten.

Am Donnerstagmittag schafft es dann doch eine Maschine aus Deutschland bis in die Kurden-Hauptstadt Erbil. Sie hat aber weder Waffen noch Ausbilder an Bord, sondern Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Auch die CDU-Politikerin reist nach einer Zwischenlandung im jordanischen Amman in einem dieser Transall-Oldtimer, die immer öfter ausfallen und bei schlechtem Wetter oder zu großer Hitze erst gar nicht starten. Von der Leyen aber hat Glück. Nach einem mehr als dreistündigen Flug steht sie auf dem Flugfeld von Erbil auf einem roten Teppich - und strahlt, als wollte sie sagen: Hauptsache, ich bin schon mal da. Die Ausbilder sind zu dieser Zeit noch in Bulgarien, die Waffen haben es immerhin bis Zypern geschafft, wo aus Sicherheitsgründen erneut umgeladen wurde. Von der Leyen hat beide überholt.

Von den Pannen wusste sie schon bei ihrem Abflug, ließ sich davon aber nicht bremsen. "Wir fliegen, egal wie", sagte sie. Die Reise ist ihr wichtig. Für sie hat die Unterstützung der kurdischen Armee im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) enorme Bedeutung. Zum ersten Mal in ihrer neunmonatigen Amtszeit hat die Oberbefehlshaberin der Bundeswehr mitentschieden, dass sich Deutschland an einem kriegerischen Konflikt beteiligt - zwar nicht mit Soldaten, aber mit Waffen.

Das Leben deutscher Soldaten wird im Irak zwar nicht unmittelbar gefährdet. Das macht die Sache aber nicht einfacher. Denn die deutschen Waffen werden Menschen töten. Zwar sollen sie ausschließlich gegen die barbarisch wütende IS-Terrorgruppe gerichtet werden. Aber wer kann schon sagen, was damit später einmal passiert. Das Risiko ist also groß - auch die politische Gefahr für von der Leyen. Sie löst mit der Waffenlieferung ein Versprechen ein, das sie Anfang des Jahres auf der Münchner Sicherheitskonferenz gegeben hat. "Gleichgültigkeit ist für ein Land wie Deutschland keine Option, weder aus sicherheitspolitischer noch aus humanitärer Sicht", sagte sie damals. Mehr deutsche Verantwortung in der Welt also.

Ihr Reiseprogramm muss sie kurzfristig stutzen. In Bagdad findet sie niemanden, mit dem sie sprechen könnte. Ministerpräsident Haidar al-Abadi und Präsident Fuad Masum sind bei der UN-Vollversammlung in New York. Einen neuen Verteidigungsminister gibt es gut zwei Wochen nach dem Regierungswechsel im Irak noch nicht. Der Besuch in der irakischen Hauptstadt wird kurzfristig gestrichen.

Ganz unproblematisch ist die Irak-Reise ohne Bagdad-Besuch nicht. Die irakische Regierung ist rein formal der Adressat der Waffenlieferung. Ohne ihr Einverständnis darf keine Patrone nach Erbil gehen. Die Waffentransporter müssen zur Inspektion in Bagdad zwischenlanden. Und die sogenannte Endverbleibserklärung, mit der die Weitergabe der Waffen an Dritte ausgeschlossen werden soll, wird von der irakischen Regierung unterzeichnet.

In Erbil wird von der Leyen mit offenen Armen empfangen. Kurden-Präsident Massud Barsani - in der Uniform der Peschmerga - bedankt sich für die Waffen, macht aber auch klar, dass ihm die Unterstützung noch nicht ausreicht. "Wenn die Qualität der Waffen und die Anzahl der Waffen sich verbessern, dann können die Peschmerga ihre Kämpfe besser durchführen." Um Bodentruppen bittet Barsani nicht, macht aber auch klar, dass er nichts gegen ein solches Engagement des Westens hätte.

Von der Leyen reagiert auf diese Äußerungen nicht. Sie sichert Barsani die deutsche Solidarität im Kampf gegen den IS zu, betont aber die Unterstützung für die politische Stabilisierung des ganzen Landes und die Flüchtlingshilfe: "Ich möchte Ihnen versichern, dass wir fest an Ihrer Seite stehen, bei dieser Aufgabe."

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