Tipps, Tore und Milliarden - der komplizierte Glücksspielmarkt

Warum wollen die Länder das Glücksspiel neu regeln? Sie tun es nicht freiwillig. Der Europäische Gerichtshof hat sie mit einem Urteil im September 2010 dazu verdonnert. Die Richter kritisierten, die Suchtbekämpfung werde nicht bei allen Spielarten konsequent verfolgt. Aber nur dann sei das Monopol des Staates zu rechtfertigen

 Der milliardenschwere Sportwettenmarkt in Deutschland soll ab 2012 für private Anbieter geöffnet werden. Foto: dpa

Der milliardenschwere Sportwettenmarkt in Deutschland soll ab 2012 für private Anbieter geöffnet werden. Foto: dpa

Warum wollen die Länder das Glücksspiel neu regeln?Sie tun es nicht freiwillig. Der Europäische Gerichtshof hat sie mit einem Urteil im September 2010 dazu verdonnert. Die Richter kritisierten, die Suchtbekämpfung werde nicht bei allen Spielarten konsequent verfolgt. Aber nur dann sei das Monopol des Staates zu rechtfertigen.

Wie viel Geld verdient Vater Staat mit der Zockerei?

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes klingelten 2010 die Kassen der Finanzminister kräftig. Insgesamt nahmen sie mit dem Glücksspiel 3,3 Milliarden Euro ein.

Warum will Schleswig-Holstein einen Alleingang machen?

Die schwarz-gelbe Regierung in Kiel will den Sportwettenmarkt noch stärker lockern. Die Ankündigung, nur sieben Privaten Konzessionen zu erteilen, würde unweigerlich Klagen abgewiesener Bewerber zur Folge haben. Sollte Kiel hart bleiben, fürchten Experten, dass Wettanbieter sich gezielt im Norden eine Lizenz zu besseren Konditionen besorgen und die Regelungen der übrigen 15 Länder unterlaufen.

Wie groß ist der deutsche Sportwetten-Markt?

Mehr als eine Milliarde Euro werden in Deutschland jährlich bei Sportwetten umgesetzt. Nur die in Lotto-Annahmestellen angebotenen Oddset-Wetten hatten bislang eine staatliche Lizenz. Die Konkurrenz privater Anbieter im Internet hat aber immer mehr zugenommen. Weil diese Unternehmen, die ihren Sitz zumeist im Ausland haben, bisher keine Konzessionsabgabe entrichten mussten, können sie attraktivere Quoten anbieten. Als Marktführer in Europa gilt "bwin" aus Österreich.

Was sind die beliebtesten Wetten?

Klarer Spitzenreiter sind Fußballwetten, die Pferderennen längst den Rang abgelaufen haben. Aber auch die Formel 1, Tennis, Eishockey und Wintersport sind bei Zockern beliebt. Die privaten Anbieter erlösen den größten Anteil ihrer Umsätze mit Live-Wetten während der Spiele. So kann beim Fußball darauf gewettet werden, wer das nächste Tor schießt oder wer den nächsten Eckball erhält. Gerade diese Wetten aber wollen die Ministerpräsidenten verbieten.

Was bringt dem Sport eine Öffnung des Wettmarktes?

Davon könnte vor allem der Profi-Sport profitieren und Wettanbieter als neue Werbepartner gewinnen. Allein die Fußball-Bundesligisten hoffen auf Zusatz-Einnahmen von bis zu 300 Millionen Euro. Bislang war den privaten Wettanbietern Trikot- und Bandenwerbung verboten, nun soll sie erlaubt sein. Dagegen bleibt TV-Werbung rund um Übertragungen untersagt.

Welche Folgen drohen dem Amateursport?

Für Amateur-Verbände sind die Einnahmen aus Sportwetten und Lotterien existenziell wichtig. Im Haushalt der Landessportbünde machen sie derzeit rund 80 Prozent aus. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) schlägt daher vor, ein Drittel der vorgesehenen Sportwettenabgabe der privaten Anbieter an den "gemeinnützigen Sport" fließen zu lassen. Kalkuliert wird mit hohen zweistelligen Millionen-Erlösen. Nun kritisiert der DOSB, dass im Eckpunkte-Papier der Ministerpräsidenten konkrete Angaben zur Verteilung der Einnahmen aus der Abgabe fehlen. Zudem hält der Verband die Höhe der geplanten Abgabe von 16,67 Prozent für "nicht marktgerecht".

Wollen die Länder auch die Automatenspiele eindämmen?

Nein, dass können sie nicht. Spielautomaten fallen nicht unter den Glücksspielstaatsvertrag. Der Bund ist laut Gewerbeordnung für Automaten und Pferdewetten zuständig. Es gibt aber Pläne der Koalition, auch hier Auflagen zu verschärfen.

Wie hoch ist die Suchtgefahr bei Wetten und Automaten?

Experten warnen, Hunderttausende seien abhängig vom Daddeln an Automaten oder im Internet. Vielen Süchtigen droht der finanzielle Ruin.

Hintergrund

Saartoto hat gestern begrüßt, dass die Ministerpräsidenten nach einer "langen Zeit der Unsicherheit" eine grundsätzliche Entscheidung zur Zukunft von Lotterien und Sportwetten getroffen haben. Wichtigster Punkt aus Sicht von Saartoto ist, dass Lotto den staatlichen Lotterien vorbehalten bleibt. So könnten Tipper weiter auf ein sicheres und seriöses Angebot vertrauen. Das sei eine gute Nachricht für den Sport, die Kultur, die Umwelt und für soziale Projekte. Allein in den letzten zehn Jahren hat Saartoto fast 500 Millionen Euro an Steuern und Zuschüssen im Saarland erwirtschaftet.

 Der milliardenschwere Sportwettenmarkt in Deutschland soll ab 2012 für private Anbieter geöffnet werden. Foto: dpa

Der milliardenschwere Sportwettenmarkt in Deutschland soll ab 2012 für private Anbieter geöffnet werden. Foto: dpa

DassSportwetten nicht mehr alleine in staatlicher Hand bleiben, sei nach den jüngsten politischen Diskussionen "zu befürchten" gewesen, hieß es. red

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