Lehrer fordern strengere Noten und einheitliche Abitur-Prüfung

Berlin/Saarbrücken · Bei internationalen Vergleichen schneiden deutsche Schüler nur mittelmäßig ab. Doch zugleich steigt bundesweit die Zahl der makellosen Abitur-Zeugnisse. Der Lehrerverband mahnt zur Umkehr – mit strenger Benotung und klassischem Lehrplan.

Der Deutsche Lehrerverband beklagt eine "Inflation " guter Schul- und Abiturnoten. Allein in Berlin habe sich die Zahl der Abi-Zeugnisse mit einem Notenschnitt von 1,0 innerhalb von zehn Jahren vervierzehnfacht, sagte Verbandspräsident Josef Kraus der "Bild"-Zeitung. Das deute nicht auf bessere Leistungen, sondern auf sinkende Anforderungen hin. Zeugnisse dürften aber "nicht zu ungedeckten Schecks werden", sagte Kraus. Er forderte "anspruchsvolle Bundesländer" wie Bayern auf, die Hochschulreife aus "anspruchslosen" Ländern nicht mehr anzuerkennen. Das Abitur müsse wieder zum "Attest für Studienbefähigung und nicht für Studienberechtigung werden".

Nach Ansicht von Kraus müssen die Lehrpläne für die letzten beiden Schuljahre auf hohem Niveau vereinheitlicht werden, die Prüfungsformen beim Abitur ebenso. Es könne nicht sein, dass ein Absolvent in Bayern 30 Minuten Vorbereitung für seine mündliche Aufgabe bekomme, der Hamburger Prüfling aber zwei Wochen lang eine Präsentation erarbeiten könne.

Die Bildungsgewerkschaft GEW reagierte verärgert auf Kraus. Die Vorwürfe seien populistisch und "anspruchslos". Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband räumte zwar ein, dass es bei den Noten "immer mal wieder eine Wellenbewegung" gebe. Eine Inflation guter Zensuren könne sie aus ihrer Erfahrung aber nicht bestätigen, sagte Verbandschefin Lisa Brausch zur SZ. Die Durchschnittsnote der saarländischen Abiturienten schwankte in den letzten fünf Jahren zwischen 2,38 und 2,45.

Der umstrittene Erlass von Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD ), der unter anderem Referate den Klassenarbeiten gleichstellt, soll derweil nachgebessert werden. Commerçon sagte gestern nach einer Anhörung von Lehrer-, Eltern- und Schülerverbänden, künftig solle die Mitarbeit bei der Notengebung stärker berücksichtigt werden. Zudem versprach er Fortbildungen und Handreichungen für Lehrer, um die Umsetzung des Erlasses zu erleichtern. >

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