„Der Kandidat hat keinen Willen zur Macht“

Es gibt wohl keinen Kanzlerkandidaten seit Rudolf Scharping, mit dem die Presse derart hart ins Gericht gegangen ist wie mit Peer Steinbrück. Warum das so ist, erklärt der Osnabrücker Professor und PR-Berater Klaus Kocks SZ-Redakteur Pascal Becher.

Herr Kocks, bei "Menschen bei Maischberger" war es wieder einmal soweit. Erneut wurde Peer Steinbrück in einer Talkshow runtergemacht. Warum ist das so?

Kocks: Der Kandidat zeigt keinen glaubhaften Willen zur Macht, er zeigt kein glaubhaftes Bekenntnis zur SPD, sondern er wirkt so wie jemand, der eine Pflichtübung vollführt. Und deshalb laufen ihm diese Zweifel nach und er wird sie nicht los.

Woran liegt das?

Kocks: An der mangelnden Glaubhaftigkeit der SPD-Wahlkampfkampagne. Sie erzählt uns keine Geschichte, hat keine innere Plausibilität und haspelt von einem Trittfehler zum anderen. All das verzeiht ein Publikum nicht. Sie wirkt vielmehr langweilig und leer. Und ist nicht davon getrieben, wovon Kampagnen getrieben sein müssen. Nämlich von Leidenschaft und Überzeugung.

Aber Steinbrück gilt doch als emotionaler, ja impulsiver Mensch?

Kocks: Nein, Steinbrück war nie Leidenschaft pur. Der Mann hat die Wärme und den Charme einer Registrierkasse. Und dort, wo er meint, komisch zu sein, wird er allzu schnell zynisch. Das hält diese Republik nicht aus. Wer sagt, ich trinke keinen Pinot Grigio unter fünf Euro, äußert sozialen Zynismus. Wer sagt, die Merkel weiß nicht, was Europa ist, weil sie Ossi ist, äußert damit Wessi-Zynismus. Und deshalb erwecken die Fehler, die er macht, bei Menschen den Anschein mangelnden Engagements. Darum wird das nichts.

Aber bis zur Wahl ist noch Zeit.

Kocks: Die Wahl ist gelaufen. Sie wird nur noch durch eine Schlüsselfrage entschieden: Kommt die FDP rein? Schafft sie es, wird es eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb geben. Wenn nicht, läuft's auf eine Große Koalition hinaus - und auf die steuert Herr Steinbrück zu. Er will durch die Hintertür auf den Schoß von Frau Merkel. Oder: Wir kriegen Rot-Grün mit Tolerierung von Rot - ohne Steinbrück. Ich glaube nicht, dass die SPD diesen Kandidaten noch tragen wird.

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