Merkel unter Beschuss Frontalangriff von Merz gegen die Kanzlerin

Berlin · Der Ex-Unions-Fraktionschef übt harsche Kritik an der CDU-geführten Bundesregierung – und verteilt eine Spitze gegen Kramp-Karrenbauer.

Im Dezember unterlag Friedrich Merz hauchdünn Annegret Kramp-Karrenbauer im Kampf um den CDU-Vorsitz. Doch dem ehemaligen Unions-Fraktionschef werden weiterhin Ambitionen aufs Kanzleramt nachgesagt.

Im Dezember unterlag Friedrich Merz hauchdünn Annegret Kramp-Karrenbauer im Kampf um den CDU-Vorsitz. Doch dem ehemaligen Unions-Fraktionschef werden weiterhin Ambitionen aufs Kanzleramt nachgesagt.

Foto: picture alliance/dpa/dpa Picture-Alliance / Wolfgang Kumm

Offen wie nie zuvor hat der frühere Fraktionschef der Union, Friedrich Merz, die Arbeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) attackiert. Und die der großen Koalition gleich mit. Deren Erscheinungsbild sei „grottenschlecht“, sagte der als möglicher CDU-Kanzlerkandidat gehandelte Politiker am Montagabend im ZDF. Er forderte ein vorzeitiges Amtsende Merkels.

Die Landtagswahl in Thüringen, bei der CDU und SPD stark an Stimmen einbüßten, sei ein „großes Misstrauensvotum gegenüber der großen Koalition in Berlin“ gewesen, führte Merz in dem Interview aus. Die Bundesregierung sei „abgestraft worden“. Seit Jahren lege sich „wie ein Nebelteppich die Untätigkeit und die mangelnde Führung durch die Bundeskanzlerin“ über das Land. Er könne sich „schlicht nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei Jahre dauert bis zum Ende dieser Wahlperiode“. Dafür seien die Probleme zu groß.

Als Beispiel nannte Merz die Grundrente, über die seit Monaten ergebnislos in der großen Koalition diskutiert werde. Dabei stehe im Koalitionsvertrag, dass sie mit einer Bedürftigkeitsprüfung kommen solle. Die Menschen fragten sich, warum die CDU das nicht durchsetze, sondern „immer wieder Zugeständnisse an die SPD“ mache. Merz nahm Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, gegen die er letztes Jahr im Führungskampf unterlegen war, von seiner Kritik aus, allerdings mit einer denkwürdigen Formulierung: Sie habe bei dem schlechten Wahlergebnis in Thüringen „nach meiner Beobachtung kaum eine negative Rolle gespielt“. An der Basis stehe „ganz überwiegend die Bundeskanzlerin im Mittelpunkt der Kritik“.

Allein blieb Merz mit seiner Attacke in der CDU nicht. Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch warf der Bundesregierung und „besonders der Bundeskanzlerin“ eine „Argumentationsenthaltung“ vor. Dies gelte vor allem in der Klimaschutzdebatte. Deutschland brauche eine Kanzlerin, „die durch das Land reist und für ihre Konzepte, auch ihre Kompromisse wirbt“. Der Chef des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten, forderte einen Kurswechsel: „Erst wenn die CDU bereit ist, Fehler in der Flüchtlings-, Euro- und Energiepolitik offen einzugestehen, haben wir eine Chance, die verloren gegangenen Wähler zurückzugewinnen.“

Gesundheitsminister Jens Spahn, der ebenfalls im Rennen um den Parteivorsitz gegen Kramp-Karrenbauer angetreten war und ebenfalls als Kanzlerkandidat gehandelt wird, wies Merz‘ Kritik zurück. Wenn er sich die Halbzeitbilanz der großen Koalition anschaue, „dann finde ich, hat diese Bundesregierung ziemlich viel umgesetzt“, sagte er. Spahn forderte die CDU auf, sich auf Sachdebatten zu konzentrieren. Wenn man alle sechs Monate Personal- und Verfahrensdebatten führe, werde man kein Vertrauen zurückgewinnen. Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) meldete sich: „Ich teile die Kritik von Friedrich Merz nicht“, sagte er in München.

 Kanzlerin Angela Merkel wird von Friedrich Merz mangelnde Führung vorgeworfen.

Kanzlerin Angela Merkel wird von Friedrich Merz mangelnde Führung vorgeworfen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Mit seinem Vorstoß heizte Merz auch die Debatte um die nächste Spitzenkandidatur der Union wieder an. Erst vor zwei Wochen hatte die Junge Union bei ihrem Deutschlandtag in Saarbrücken eine Urwahl des Kanzlerkandidaten gefordert; März war dort gefeiert worden. JU-Chef Tilmann Kuban hatte am Montag im CDU-Vorstand dann verlangt, Vorsitz und Kanzlerkandidatur zu trennen. Kramp-Karrenbauer hatte daraufhin geantwortet, dass sie wie üblich als Vorsitzende einen Vorschlag machen werde, und zwar Ende 2020, also ein Jahr vor der geplanten Wahl.

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