Corona-Pandemie Intensivmediziner rechnen erst im Sommer mit Entspannung

Berlin · Die Zahl der Covid-19-Patienten mit besonders schweren Erkrankungen bewegt sich weiter auf hohem Niveau – das könnte noch lange so bleiben.

 Die Intensivstation einer Klinik im bayerischen Gauting. In Deutschland sind noch etwa 18 Prozent der Intensivbetten frei.

Die Intensivstation einer Klinik im bayerischen Gauting. In Deutschland sind noch etwa 18 Prozent der Intensivbetten frei.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Die Lage auf deutschen Intensivstationen wird noch über Monate angespannt sein. Davon geht der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notallmedizin (Divi), Uwe Janssens, aus. „Ich rechne damit, dass wir erst Mitte des Jahres, also im Sommer, von einer nachhaltigen Entspannung auf den Intensivstationen sprechen können“, sagte er unserer Redaktion. „Im ersten Quartal werden die Anzahl der Patienten mit Covid-19 sicher noch über der Marke von 4000 liegen“, sagte Janssens.

Am Neujahrstag stieg die Zahl der bekannten Infektionen in Deutschland um 22 924 auf 1,74 Millionen, wie aus Daten auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. Die Zahl der Todesfälle legte demnach um 553 auf 33 624 zu. Zugleich blieb die Zahl der Covid-19-Erkrankten, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen, auf hohem Niveau. Am 1. Januar wurden nach Divi-Angaben 5598 Patienten auf Intensivstationen versorgt (41 weniger als am Vortag). 3111 von ihnen mussten beatmet werden. Derzeit sind noch etwa 18 Prozent der Intensivbetten in Deutschland frei, 21 639 waren am Freitag belegt.

Janssens warnte jedoch vor Unklarheiten. „Wir werden erst Ende kommender Woche in den Krankenhäusern sehen, wie stark Weihnachten zur Verbreitung von Covid-19 beigetragen hat. Die Effekte von Silvester dann noch deutlich später“, sagte er. Angesichts dessen rief er Bund und Länder dazu auf, bei der Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Dienstag eine Verlängerung des Lockdowns zu beschließen. „Wir Intensivmediziner raten dringend dazu, bis zu einem Inzidenzwert von unter 25 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner und Woche keine Lockerungen in Aussicht zu stellen“, sagte Janssens. Die Gesundheitsämter müssten in die Lage versetzt werden, wieder Kontaktnachverfolgungen durchzuführen.

In der Debatte um die Finanzlage der Krankenhäuser mahnte er mehr Klarheit an. „Bund und Länder täten gut daran, den Krankenhäusern bei der Ministerpräsidentenkonferenz endlich klare Vorgaben zu machen, ab welchem Inzidenzwert der operative Betrieb eingeschränkt werden muss und in welchem Umfang.“ Sie müssten für eine Finanzierung der Einnahmeausfälle sorgen. „Ansonsten wirtschaftet jedes Haus weiter für sich, um die schon bestehenden Verluste auszugleichen. So lassen sich die Intensivkapazitäten aber nur schlecht koordinieren“, sagte Janssens.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) verwies auf weiter steigende Patientenzahlen und warnte vor einer Überlastung der Kliniken. Die Belastung der Krankenhäuser durch die Versorgung von Covid-19-Patienten sowohl auf Normal- als auch auf Intensivstationen steige seit Wochen, erklärte die DKG am Freitag in Berlin. Die Lage werde nicht mehr nur durch einzelne regionale Hotspots bestimmt, sondern sei insgesamt problematisch, betonte die DKG. Die Kliniken benötigten daher auch für das beginnende Jahr kurzfristig Liquiditätshilfen. Dazu solle bei dem Bund-Länder-Treffen am Dienstag eine Regelung getroffen werden.

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