Gaddafis Freunde von der CIA

Washington/London/Berlin. Die Geheimdienste Großbritanniens und der USA haben in der Vergangenheit offenbar eng mit der Führung des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi zusammengearbeitet. So habe die CIA unter US-Präsident George W

 Unter US-Präsident George W. Bush - hier 2005 bei einem Besuch in der CIA-Zentrale - soll der Geheimdienst mehrmals Terrorverdächtige zur Befragung nach Libyen geschickt haben. Foto: Brack/dpa

Unter US-Präsident George W. Bush - hier 2005 bei einem Besuch in der CIA-Zentrale - soll der Geheimdienst mehrmals Terrorverdächtige zur Befragung nach Libyen geschickt haben. Foto: Brack/dpa

Washington/London/Berlin. Die Geheimdienste Großbritanniens und der USA haben in der Vergangenheit offenbar eng mit der Führung des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi zusammengearbeitet. So habe die CIA unter US-Präsident George W. Bush Terrorverdächtige nach Libyen geschickt und Fragen für die Verhöre nahegelegt, berichteten das "Wall Street Journal" und die "New York Times". Tripolis habe im Gegenzug gefordert, einen Oppositionsführer nach Libyen zu bringen, der mittlerweile ein Anführer der Truppen der neuen libyschen Führung sein soll. Der US-Geheimdienst habe sich 2004 angesichts der Annäherung Libyens an den Westen zudem um eine "ständige Vertretung" in dem Land bemüht. Die britische Zeitung "The Independent" berichtete, Großbritannien habe Gaddafis Spione mit Informationen über libysche Oppositionelle im Exil versorgt.Bei ihren Berichten stützen sich die Zeitungen auf Dokumente des ehemaligen libyschen Außenministers Mussa Kussa, die Forscher der Organisation Human Rights Watch (HRW) nach dem Einmarsch der Aufständischen vergangene Woche in Tripolis gefunden hatten. Darin fanden sich demnach auch Hinweise auf enge Beziehungen Mussas zu britischen und US-Behörden.

Weder die britische noch die US-Regierung wollten zu den Berichten Stellung nehmen. CIA-Sprecherin Jennifer Youngblood sagte laut "New York Times": "Es kann nicht überraschen, dass die Central Intelligence Agency mit ausländischen Regierungen zusammenarbeitet, um dabei zu helfen, unser Land vor Terrorismus und anderen tödlichen Bedrohungen zu schützen."

Die Bundesregierung in Berlin wollte sich ihrerseits nicht zu der Frage äußern, ob es in den vergangenen Jahren eine Zusammenarbeit mit den libyschen Geheimdiensten gab und wie diese gegebenenfalls aussah. Wie immer werde zu nachrichtendienstlichen Vorgängen nicht Stellung genommen, sagte ein Sprecher. Deutsche Sicherheitsbehörden erhielten in der Vergangenheit aber offenbar Informationen von Gaddafis Geheimdienst. "Es ging in erster Linie um Informationen für den Anti-Terror-Kampf und damit um die Sicherheitsinteressen von Deutschland", sagte der frühere Geheimdienstkoordinator von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), Bernd Schmidbauer, der "Bild am Sonntag". Gemeinsame Aktionen von deutschem und libyschen Geheimdiensten habe es aber nicht gegeben, versicherte Schmidbauer, der von 1991 bis 1998 Staatsminister im Kanzleramt war. Es blieb unklar, auf welchen Zeitraum sich Schmidbauers Angaben bezogen.

Der Westen hatte Gaddafi als mutmaßlichen Förderer des internationalen Terrorismus jahrzehntelang geächtet. Erst nach der Jahrtausendwende setzte eine Annäherung mit dem ölreichen Land ein. Ausschlaggebend war einerseits, dass Gaddafi Ende 2003 den Verzicht auf Massenvernichtungswaffen erklärte. Außerdem entschädigte die libysche Führung 2003 und 2004 die Angehörigen westlicher Opfer von Libyen zugeschriebenen Terroranschlägen. afp/dpa

Meinung

Doppeltes Spiel

Von SZ-MitarbeiterFriedemann Diederichs

Die wenig ruhmreiche Geschichte der CIA kann um ein weiteres dunkles Kapitel erweitert werden: die enge Kooperation der US-Schlapphüte und wohl auch des britischen Geheimdienstes mit jenem Despoten, an dessen Absetzung sie in den letzten Monaten eifrig mitarbeiteten. Der Zweck dieses Doppelspiels hat offensichtlich so ziemlich alle Mittel geheiligt. Gaddafi war ein nützlicher Diktator, galt es doch Flüchtlingsströme von Europa fern- und Ölhähne offen zu halten. Um sich gut mit ihm zu stellen, gab es offenbar auch die Überstellung von Terrorverdächtigen an Libyen mit dem Zweck der Informationsgewinnung. Dass Letzteres nicht durch freundliches Zureden geschah, dürfte wohl selbstverständlich sein - denn Menschenrechte spielten für Gaddafi noch nie eine dominierende Rolle.

Auf einen Blick

 Unter US-Präsident George W. Bush - hier 2005 bei einem Besuch in der CIA-Zentrale - soll der Geheimdienst mehrmals Terrorverdächtige zur Befragung nach Libyen geschickt haben. Foto: Brack/dpa

Unter US-Präsident George W. Bush - hier 2005 bei einem Besuch in der CIA-Zentrale - soll der Geheimdienst mehrmals Terrorverdächtige zur Befragung nach Libyen geschickt haben. Foto: Brack/dpa

Der Waffenhersteller Heckler & Koch will jetzt selbst ermitteln, wie die deutschen G36-Gewehre nach Libyen gekommen sind. Geschäftsführer Martin Lemperle sagte der "Bild am Sonntag": "Wir planen, ein breit angelegtes Expertenteam nach Tripolis zu schicken, um gemeinsam mit den relevanten Stellen vor Ort die Sachlage zu prüfen." Lemperle versicherte erneut, dass Heckler & Koch zu keinem Zeitpunkt Waffen nach Libyen exportiert habe. Libysche Rebellen hatten die G36-Gewehre angeblich beim Sturm auf die Gaddafi-Residenz in Tripolis erbeutet. dpa

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