Konferenz in Berlin Merkel, Macron und eine Vision für den Balkan

Berlin · Deutschland und Frankreich versuchen mit einer Konferenz in Berlin, im Konflikt zwischen Serbien und Kosovo zu vermitteln. Der belastet die ganze Region – und Hoffnungen auf einen EU-Beitritt.

Gute Laune, zumindest zur Begrüßung: Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (r.) und Kosovos Präsident Hashim Thaci.

Gute Laune, zumindest zur Begrüßung: Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (r.) und Kosovos Präsident Hashim Thaci.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Es ist nicht der erste Versuch und ein ebenso ehrgeiziges wie schwieriges Projekt: Deutschland und Frankreich haben einen neuen Anlauf genommen, um Wege aus dem festgefahrenen Konflikt zwischen Serbien und der abtrünnigen Provinz Kosovo auszuloten. Die Frage der Stabilität des Westbalkans sei auch eine Frage der europäischen Stabilität, betonten Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag vor Beginn ihrer Balkan-Konferenz in Berlin. Beide betonten, dass es bei dem Gespräch mit den betroffenen Staaten im Kanzleramt nicht um einen EU-Beitritt gehe, obgleich man sich einer europäischen Perspektive der Länder verpflichtet fühle.

Macron stellte klar: „Wir haben nicht die Absicht, Belgrad und Pristina eine Lösung vorzuschreiben“. Es gehe um „die politische Verantwortung zusammenzuarbeiten, damit beide Seiten den Dialog wieder aufnehmen“. Merkel ergänzte, bei dem Treffen gehe es nicht um eine Beschlussfassung, sondern um ein Ausloten möglicher positiver Entwicklungen in der Westbalkan-Region. Und darum, die Probleme nicht noch größer werden zu lassen. Eine Lösung müsse im Übrigen alle Beteiligten zufrieden stellen. Merkel und Macron hoben das Beispiel Mazedoniens hervor, wo es im Namensstreit mit Griechenland vor kurzem eine Lösung gegeben hat. Die frühere jugoslawische Republik Mazedonien wurde erst im Februar in Nordmazedonien umbenannt – nach langem Streit.

Merkel und Macron hatten die Staats- und Regierungschefs von Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Montenegro, Serbien und Slowenien eingeladen. Auch dabei: die für die Vermittlung im Kosovo-Konflikt zuständige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Und eine Vermittlung wird dringend gebraucht.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sagte dem ZDF, ein Kompromiss sei nötig. „Wenn es klügere Vorschläge gibt, bin ich sehr bereit zuzuhören. Aber bisher habe ich noch keine klügeren gehört.“ Er sei nicht in der Lage, „irgendetwas zu beschließen“ gegen den Willen anderer. Der Präsident des Kosovos, Hashim Thaci, machte zuvor deutlich, dass er einen Landtausch mit Serbien strikt ablehnt. „Ich werde niemals einem Austausch von Territorien zustimmen, ich treibe keinen Handel mit Territorien des kosovarischen Staatsgebiets“. Er sei allerdings für eine „Korrektur von Grenzen“ und die Eingliederung mehrerer mehrheitlich albanisch bevölkerter serbischer Gemeinden in das Staatsgebiet des Kosovos. Serbien solle im Gegenzug dafür eine Perspektive für einen EU-Beitritt erhalten. Für den zügigen Beitritt aller Westbalkan-Länder warb derweil Erweiterungskommissar Johannes Hahn.

Serbien führt seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann mal erfolgreich abgeschlossen werden können. Das fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo war früher eine serbische Provinz und hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien hat das nie anerkannt und betrachtet seine ehemalige Provinz weiterhin als eigenes Staatsgebiet – obwohl mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, das Kosovo als Staat anerkennen. Nicht zum ersten Mal versuchen Merkel und Macron, zu schlichten. Bislang ohne Erfolg.

Kommentare zur Balkan-Konferenz kamen auch aus der Berliner Politik. FDP-Vize Alexander Graf Lambsdorff mahnte: „Ein kategorischer Ausschluss von Gebietsveränderungen ist in dieser Situation falsch.“ Allerdings dürften solche Schritte nicht von außen erzwungen werden. Zudem löse eine Aufnahme der Länder des Westbalkans in die EU keines der dort bestehenden Probleme. „Wir dürfen die Probleme des Balkans nicht in die EU importieren.“ Erst müssten die Länder untereinander kooperieren.

 Konflikt zwischen Serbien und Kosovo

Konflikt zwischen Serbien und Kosovo

Foto: SZ/Astrid Müller

Kritik an dem Treffen kam von der AfD – und von Merkels Koalitionspartner. Der SPD-Europapolitiker Knut Fleckenstein sagte: „Wir sind in Brüssel etwas ratlos, welches Ziel die Bundeskanzlerin mit der Balkan-Konferenz in Berlin verfolgt.“ Grundsätzlich sei es gut, wenn sie die EU unterstützt, den Versöhnungsprozess voranzubringen – „gerne mit einem deutsch-französischen Motor, der für Antrieb sorgt.“ Allerdings erstaune der Zeitpunkt so kurz vor der Europawahl.

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