Neues US-Kabinett Biden schart ein Team der Vertrauten um sich

Washington · Spekulationen um die Besetzung der künftigen US-Regierung gab es seit Wochen. Bei der Verteilung der Posten setzt Biden auf Vielfalt und vor allem Erfahrung.

 Der neu gewählte US-Präsident Joe Biden (Mitte) setzt bei der Bildung seines Kabinetts in erster Linie auf Leute mit Regierungserfahrung.

Der neu gewählte US-Präsident Joe Biden (Mitte) setzt bei der Bildung seines Kabinetts in erster Linie auf Leute mit Regierungserfahrung.

Foto: dpa/Carolyn Kaster

Als Joe Biden das zweithöchste Amt im Staat übernahm, war viel vom Team der Rivalen die Rede. Der Hoffnungsträger Barack Obama, hieß es im Januar vor zwölf Jahren, werde dem Beispiel des legendären Abraham Lincoln folgen und Politiker am Kabinettstisch zusammenbringen, die noch Monate zuvor im Clinch gelegen hatten. Auch Hillary Clinton, die schärfste Kontrahentin des Kandidatenduells. Harte Debatten sollten zu durchdachten Entscheidungen führen, das war der Ansatz.

Donald Trump setzte dann ganz auf Seiteneinsteiger der Politik, auf Ex-Generäle wie James Mattis und John Kelly oder ehemalige Ölmanager wie Rex Tillerson. Das ging aber nicht lange gut. Nach einer Weile wurden die unabhängigen Köpfe durch Loyalisten ersetzt, die es nur selten wagten, Trump zu widersprechen. Der designierte Präsident Biden wiederum steht für die Rückkehr zur alten Ordnung. Die Schlüsselposten seines Kabinetts besetzt er durchweg mit Leuten, die über Regierungserfahrung verfügen. Wer bei ihm zum Zug kommen will, muss in aller Regel auf Jahre enger Zusammenarbeit mit ihm zurückblicken können.

Antony Blinken, der künftige Außenminister, erfüllt das Kriterium perfekt. Er gehörte bereits zum Mitarbeiterstab Bidens, als der noch Senator war. Nachdem sein Mentor das Amt des Vizepräsidenten angetreten hatte, wurde er dessen Sicherheitsberater. Lloyd Austin, den Verteidigungsminister in spe, kennt Biden aus der Zeit, in der beide den Rückzug der US-Armee aus dem Irak organisieren sollten.

Denis McDonough, nominiert als Minister für Kriegsveteranen, war zunächst stellvertretender Sicherheitsberater und danach Stabschef im Weißen Haus. Wobei Skeptiker an seiner Eignung für den neuen Posten zweifeln, denn der 51-Jährige hat selbst nicht beim Militär gedient. Susan Rice, die das innenpolitische Beratergremium der Regierungszentrale leiten wird, war unter Obama erst UN-Botschafterin, dann Nationale Sicherheitsberaterin. Auch sie genießt das Vertrauen Bidens, dessen Büro im Westflügel des Weißen Hauses seinerzeit direkt neben ihrem lag. Dass sie in die Innenpolitik wechselt und damit fachlich Neuland betritt, kommt überraschend. Entscheidend für die Berufung war wohl die Tatsache, dass sich der Mann an der Spitze auf die alte Bekannte hundertprozentig verlassen kann.

Biden selbst hat seit seinem Wahlsieg immer wieder von einer Regierung gesprochen, in der sich ganz Amerika wiederfinden solle. Nach Hautfarbe und Geschlecht, kündigte er an, werde seine Riege so vielfältig sein wie noch keine zuvor. Kamala Harris kandidierte als erste Frau mit dunkler Haut für die Vizepräsidentschaft, Lloyd Austin ist der erste schwarze Pentagon-Chef, Janet Yellen die erste Finanzministerin, Alejandro Mayorkas der erste Latino an der Spitze des Heimatschutzressorts. Die Parteilinke allerdings wartet noch immer auf Personalangebote, die ihrem Gewicht entsprechen. Eine ihrer Symbolfiguren, die New Yorker Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, lässt denn auch schon erste Anzeichen von Ungeduld erkennen. Sie frage sich, welcher Agenda man folge, welche Visionen man habe, sagte sie neulich vor Journalisten. „Für mich ist das alles noch ein bisschen unscharf.“

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