Viele Verlierer im Fall Wulff

Peter Stefan Herbst Chefredakteur saarbruecker-zeitung.de/woche Liebe Leserinnen, liebe Leser, der Freispruch für Christian Wulff war keine Überraschung, nachdem sich der Prozess immer mehr zur Farce entwickelt hatte.

Der frühere Bundespräsident konnte den Gerichtssaal als Gewinner verlassen und bleibt dennoch ein Verlierer. Hat die Affäre ihn doch um Ansehen, Amt und vieles mehr gebracht. Ist er nach dem Freispruch rückblickend grundlos zurückgetreten? Nein. Auch ohne die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wäre er im höchsten Staatsamt nicht mehr vermittelbar gewesen. Die Ursachen hierfür liegen vor allem bei ihm selbst: fehlende Distanz zu einflussreichen Unternehmern, sein Umgang mit der Wahrheit und ein schlechtes Krisenmanagement. Die fragwürdige Finanzierung seines Hauses und die Gratisurlaube bei Freunden aus der Wirtschaft waren strafrechtlich nicht relevant, politisch aber von höchster Brisanz. Werden doch an einen Bundespräsidenten aus guten Gründen besonders hohe Maßstäbe angelegt. Schon der Anschein von Interessenkonflikten muss vermieden werden. Wulff hat selbst Glaubwürdigkeit und Vertrauen verspielt. Dies rechtfertigt aber nicht jede Reaktion aus Politik, Medien und Justiz. Einige politische Gegner haben nachgetreten, zahlreiche Journalisten übertrieben und die Staatsanwälte in Hannover sich im Laufe des Verfahrens schlicht verrannt. Es fehlte leider allzu oft an Besonnenheit und Verhältnismäßigkeit. Dies gilt übrigens auch für viele Bürger, die im Internet falsche Beschuldigungen erhoben oder verbreitet haben. Damit ist der Kreis der Verlierer, deren Glaubwürdigkeit gelitten hat, deutlich größer. Es bleibt die Hoffnung, dass alle Beteiligten aus diesem Fall etwas gelernt haben. In diesem Sinne ein schönes Wochenende

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