Um Frieden geht es nicht

Die Idylle von Montreux am Genfer See steht im krassen Gegensatz zu dem, was sich hinter den Konferenztüren abgespielt hat: Syriens Regierung und Opposition ließen sich nicht einmal dazu bewegen, an einem Tisch zu sitzen – angesichts des Leids in Syrien ein erschütterndes Ergebnis. Bei den Eröffnungsreden am Mittwoch syrische Regierungsvertreter und die Führung der Exilopposition in denselben Saal gezwungen zu haben, ist der einzig greifbare Fortschritt der monatelang vorbereiteten Friedenskonferenz.

Viel ist es nicht.

Doch um Frieden geht es tatsächlich gar nicht. Frieden in Syrien ist derzeit so unrealistisch wie die Wahl einer Frau zum Papst - eine ferne Utopie. Für alle Beteiligten wäre es schon ein großer Erfolg, einen regional und zeitlich begrenzten Waffenstillstand sowie humanitäre Korridore auszuhandeln. Denn nicht allein Bomben, Explosionen und Gewehrkugeln bedrohen die syrische Zivilbevölkerung. Angesichts der winterlichen Witterungsverhältnisse werden viele tausend Menschensterben, weil sie nichts zu essen, nichts zu heizen und keine medizinische Grundversorgung haben.

Aus Kreisen der Uno und westlicher Diplomaten ist immer wieder zu hören, dass dieser erste Schritt in Montreux sehr wichtig war. Schließlich sei man auch bei den Friedensverhandlungen für Bosnien vier Mal gescheitert, bevor es schließlich zum Abkommen von Dayton kam. Optimismus gehört zur Jobbeschreibung von Verhandlungsführern und Außenministern. Doch eines sollte man bei dem Bosnien-Vergleich nicht vergessen zu erwähnen: Dayton kam erst nach Luftangriffen der Nato zustande. Das jedoch hat der Westen für Syrien ausgeschlossen. Ein Druckmittel gegenüber Damaskus ist deshalb nicht vorhanden.

Die Friedenskonferenz kommt noch aus einem anderen Grund zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Die Freie Syrische Armee ist geschwächt. Sie kämpft einen Zweifrontenkrieg gegen das brutale Regime auf der einen und Al-Qaida-Brigaden aus allen Teilen der Welt auf der anderen Seite. Aus dieser Position heraus und nach geschätzten 100 000 Toten ist es verständlicherweise schwierig, Kompromisse einzugehen. Und selbst wenn die Freie Syrische Armee es täte, die Dschihadisten würde sich nicht darum scheren.

Allein das Zustandekommen der Gespräche in Montreux kann deshalb nicht darüber hinweg täuschen, dass die internationale Gemeinschaft mitverantwortlich ist für das Desaster in Syrien: syrische Flüchtlinge stapfen in den Bergen Libanons in Badelatschen durch den Schnee, weil den Hilfsorganisationen das Geld fehlt. Und die Untätigkeit des Westens hat den Dschihadisten überhaupt erst ermöglicht, so stark zu werden, wie sie jetzt sind.

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