Streben nach Unabhängigkeit Der katalanische Traum entzweit Spanien

MADRID/BARCELONA Die Terroranschläge in Katalonien haben das Streben der nordostspanischen Region nach Unabhängigkeit nur kurz unterbrochen. Inzwischen sind die spontanen Gedenkstätten in Barcelona und in Cambrils, wo viele Menschen am Ort der Anschläge Blumen und Botschaften gegen den Terror deponierten, wieder abgeräumt. Und die Vorbereitungen in der rebellischen Region, in der die Bürger am 1. Oktober in einem einseitigen Referendum über die Abspaltung von Spanien abstimmen sollen, laufen wieder auf Hochtouren.

MADRID/BARCELONA Die Terroranschläge in Katalonien haben das Streben der nordostspanischen Region nach Unabhängigkeit nur kurz unterbrochen. Inzwischen sind die spontanen Gedenkstätten in Barcelona und in Cambrils, wo viele Menschen am Ort der Anschläge Blumen und Botschaften gegen den Terror deponierten, wieder abgeräumt. Und die Vorbereitungen in der rebellischen Region, in der die Bürger am 1. Oktober in einem einseitigen Referendum über die Abspaltung von Spanien abstimmen sollen, laufen wieder auf Hochtouren.

Kataloniens Separatistenregierung unter Carles Puigdemont ließ ein Gesetz auf den Weg bringen, das im Falle eines Sieges bei der Abstimmung die Abtrennung vom Königreich und das Ende der spanischen Hoheit auf katalanischem Territorium besiegeln soll. In dem Gesetz ist dann auch gleich vorgesehen, dass mit der Ausrufung einer Republik Katalonien nicht mehr König Felipe als oberster Repräsentant des Staates firmiert, sondern Puigdemont.

Doch das ist nur der Anfang der geplanten Rebellion: Die spanische Verfassung und Gesetzgebung will man per Federstrich eliminieren und durch ein katalanisches Regelwerk ersetzen. Die Steuerhoheit würde komplett übernommen, um den katalanischen Haushalt zu finanzieren. Und Spaniens Armee und sonstige spanische Sicherheitskräfte müssten Katalonien verlassen, wo nur die dortige Polizei, die Mossos d‘Esquadra, für Ordnung sorgen soll.

Doch so einfach dürfte es nicht werden. Spaniens konservative Regierung ist entschlossen, „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ die unilaterale und damit ungesetzliche Volksabstimmung zu unterbinden. Regierungschef Mariano Rajoy verspricht: „Es wird in Katalonien kein Referendum über die Unabhängigkeit stattfinden.“

Über die Einzelheiten seiner Strategie, mit der er die Einheit der Nation verteidigen will, schweigt Rajoy aus taktischen Gründen. Spaniens Verfassungsgericht wartet nur darauf, dass Kataloniens Abspaltungsgesetz formell vom Regionalparlament beschlossen wird. Daraufhin wird das Gericht dieses nicht verfassungsgemäße Regelwerk wahrscheinlich umgehend annullieren. Da Kataloniens Separatistenregierung für diesen Fall Ungehorsam ankündigte, dürften zugleich Zwangsmaßnahmen gegen die Separatisten Puigdemont & Co. angekündigt werden: Ihnen drohen Amtsenthebung und Anklagen wegen Rechtsbeugung. Spaniens Armee rasselt derweil mit dem Säbel. Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal ließ im Hinblick auf Katalonien durchblicken, dass die Streitkräfte zur Stelle seien werden, „um die Verfassung, aber auch die territoriale Integrität und Souveränität Spaniens zu beschützen“.

Das Eingreifen der Armee wäre vermutlich das allerletzte Mittel, um den Bruch Spaniens zu verhindern. Als wahrscheinlicher gilt, dass Rajoy, der sich in seiner Verteidigung des spanischen Territoriums auf die sozialistische Opposition stützen kann, zunächst die paramilitärische Polizeieinheit Guardia Civil einsetzen wird. Etwa um die trotz des erwarteten Gerichtsverbotes aufgestellten Wahlurnen zu beschlagnahmen.

Doch auch dieses Szenario hat der Chefseparatist Puigdemont in seine Strategie eingeplant. Er hofft, die antispanische Stimmung in Katalonien noch weiter anheizen zu können. Ein Kalkül, das aufgehen könnte, wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut. Die Befürworter einer Abspaltung, die früher eher eine Minderheit waren, erstarkten zunehmend, auch wenn sich bisher keine klare Mehrheit für eine Unabhängigkeit abzeichnet. In der jüngsten Umfrage der katalanischen Zeitung La Vanguardia waren 42,5 Prozent für die einseitige Abspaltung. 37,6 Prozent dagegen.

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