Hässlicher Fleck auf der Weste des Saubermanns

Paris · Von Penelope Fillon gibt es nicht viele private Fotos. Das wohl bekannteste zeigt die grauhaarige 60-Jährige zusammen mit Mann und den fünf Kindern vor ihrem Schlösschen in Solesmes im Westen Frankreichs. Zusammen mit François Fillon , dem konservativen Favoriten für die Präsidentschaftswahl im Frühjahr, bildeten die beiden bekennenden Katholiken ein biederes Paar, das kein Skandal erschütterte - bis Mittwoch.

Da enthüllte das Satireblatt "Canard Enchaîné", dass Madame Fillon acht Jahre lang als parlamentarische Assistentin ihres Mannes und seines Stellvertreters beschäftigt war und dafür insgesamt rund 500 000 Euro bekam. Dazu zitierte die Zeitung eine Kollegin im selben Parlamentsbüro, die versicherte: "Ich habe nie mit ihr gearbeitet." Mit anderen Worten: Fillon könnte seiner Frau auf Kosten des Steuerzahlers eine Scheinbeschäftigung verschafft haben. Noch am Mittwoch begann deshalb die Finanzstaatsanwaltschaft mit Vorermittlungen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Der Parlamentsjob war nicht die einzige gut bezahlte Nebenbeschäftigung der diskreten "Penny". Die Stadträtin von Solesmes, die in der Öffentlichkeit nur als Hausfrau und Mutter wahrgenommen wurde, war auch Literaturberaterin der Zeitschrift "La Revue des deux mondes" von Fillon-Freund Marc Ladreit de Lacharrière. Zwei kurze Buchbesprechungen erschienen in anderthalb Jahren von ihr unter Pseudonym - für ein Monatsgehalt von 5000 Euro.

Fillon, der mit dem Image des Saubermanns gegen Ex-Präsident Nicolas Sarkozy angetreten war, treffen die Enthüllungen zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Nach seinem fulminanten Sieg bei den Vorwahlen im November war der Kandidat weitgehend von der Bildfläche verschwunden, was sich auch in den Umfragen negativ auswirkte. Mit einem Besuch in Berlin am Montag und einer Wahlkampfveranstaltung am Sonntag wollte der Ex-Regierungschef diese Woche wieder Schwung nehmen.

Stattdessen musste der 62-Jährige sich wegen "Penelopegate" rechtfertigen, wie die Affäre um seine Frau schon genannt wird. "Die Phase der Stinkbomben ist eröffnet", kommentierte er den Zeitungsbericht, den er als "verächtlich" und "frauenfeindlich" bezeichnete. "Ich werde für den Triumph der Wahrheit und die Verteidigung meiner Ehre kämpfen", kündigte der Kandidat an und ließ der Staatsanwaltschaft erste Dokumente über eine Arbeit seiner Frau zukommen.

Rein juristisch ist die Beschäftigung von Ehepartnern im Parlament erlaubt. Mehr als zehn Prozent der Abgeordneten stellen einen Angehörigen ein, darunter der sozialistische Parlamentspräsident Claude Bartolone und der Parlamentarier des Front National (FN), Gilbert Collard. Der FN hält sich in der Affäre Fillon auffällig zurück. Der Grund: Die Partei von Marine Le Pen ist selbst wegen der Scheinbeschäftigung von Assistenten im Europaparlament im Visier. "Man kann Frankreich nicht führen, wenn man nicht untadelig ist", hatte Fillon im Vorwahlkampf seinem gleich mit mehreren Affären belasteten Konkurrenten Sarkozy mit auf den Weg gegeben. Ein Satz, der ihm nun selbst anhängt. Denn wie will der Kandidat seine Einsparungen im Staatshaushalt verkaufen, wenn er die eigene Frau aus der Staatskasse mit bis zu 7900 Euro monatlich mehr als fürstlich entlohnen ließ?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort