Die vermeintliche Wunderwaffe wirkt nicht

Berlin · Die Bundesregierung fährt einen arbeitsmarktpolitischen Schlingerkurs. Erst im Juli wurde das umstrittene Mindestlohngesetz verabschiedet. Begründet wurde der staatliche Eingriff in die Tarifautonomie unter anderem damit, dass die Löhne auch deshalb steigen müssten, weil dann weniger Steuermittel für die "Aufstocker" aufgebracht werden müssten - also für jene, die neben ihrem Lohn Hartz IV beziehen.

Wenn sich für die Arbeitgeber die Arbeit verteuert, sei der Staat weniger in der Pflicht. Nun gibt es seitens des Arbeitsministeriums Planungen, die Lohnkostenzuschüsse für Langzeitarbeitslose auszuweiten. Arbeit soll durch Subventionen verbilligt werden, damit es sich für Arbeitgeber überhaupt lohne, vermehrt solche Arbeitskräfte einzustellen, von denen anzunehmen ist, dass sie oft relativ wenig produktiv sind.

Böse Zungen könnten behaupten, dass die Ausweitung der Lohnkostenzuschüsse darauf abzielt, dass sich die möglichen negativen Beschäftigungswirkungen des Mindestlohnes in Zukunft nicht allzu sehr in der Arbeitslosenstatistik niederschlagen.

Lohnkostenzuschüsse gibt es bereits, und sie gab es auch schon früher - wie überhaupt in der Bundesrepublik so ziemlich jede denkbare arbeitsmarktpolitische Maßnahme irgendwann ausprobiert wurde. Mitunter werden neue vermeintliche Wunderwaffen entdeckt. Bei näherem Hinsehen erwiesen sie sich aber bloß als Instrumente, die es schon einmal in der Vergangenheit gab, und die dann wohl aus guten Gründen in Vergessenheit geraten sind.

Die möglichen Wirkungen der Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik werden oft überschätzt. Unstrittig ist, dass durch solche Maßnahmen keine sich wirtschaftlich selbst tragenden Arbeitsplätze entstehen. Allenfalls können für manche Arbeitslose die Chancen verbessert werden, einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt zu finden. Das kann jedoch zu Lasten anderer Jobsuchender gehen. Gerade bei Lohnkostenzuschüssen ist die Gefahr dieses "Drehtüreffekts" groß, denn Arbeitgeber können solche Bewerber bevorzugt einstellen, die ihnen Subventionen in die Kasse spülen. Vielfach wäre der Arbeitsplatz auch ohnehin besetzt worden, so dass sich Mitnahmeeffekte einstellen. Überdies bergen viele arbeitsmarktpolitische Maßnahmen die Gefahr, dass die Teilnehmer das Gefühl bekommen, erst einmal untergebracht zu sein - und die Suche nach einer regulären Stelle einstellen. Diesen "Lock-In-Effekt" dürfte es ebenfalls bei Lohnkostensubventionen geben. Hier ist er aber besonders gefährlich, denn bei Auslaufen der Subventionen dürfte mancher Arbeitgeber die Stelle neu besetzen - durch eine produktivere Arbeitskraft oder durch einen anderen Bewerber, für den er wieder Lohnsubventionen erhält.

Kurzum: Langzeitarbeitslosen wird man kaum mit Subventionen helfen. Sie brauchen vielmehr reguläre Jobs. Damit diese entstehen, sind beschäftigungsfreundliche Rahmenbedingungen erforderlich. Mindestlöhne gehören gewiss nicht dazu, denn sie verteuern gerade einfache Arbeit und werden somit vor allem in jenem Segment des Arbeitsmarktes zu spüren sein, das für viele Langzeitarbeitslose überhaupt nur für eine reguläre Beschäftigung in Frage kommt. Langzeitarbeitslosigkeit ist in Deutschland zwar nicht besonders ausgeprägt; im Jahr 2013 waren 45 Prozent aller Erwerbslosen langzeitarbeitslos - zwei Prozentpunkte weniger als in der EU. Hierzulande ist Langzeitarbeitslosigkeit aber wie die Arbeitslosigkeit generell häufiger ein Risiko für Ungelernte. Und unter diesen hat sich die Arbeitslosigkeit zuletzt langsamer als unter den Qualifizierten abgebaut.

Karl Brenke ist Arbeitsmarkt-Experte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin .

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