Die verdorbene Republik

Noch eine Affäre im ohnehin schon politikmüden Frankreich: Die rechte Hand des sozialistischen Präsidenten François Hollande soll mit dem Ko-Parteichef der Konservativen im Hinterzimmer eines Restaurants gemauschelt haben.

Offensichtlich sollte die Rückkehr des früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy verhindert werden. Es ist ein Skandal, der den äußerst unbeliebten Hollande weiter belastet. Er war 2012 gewählt worden, weil er eben anders zu sein schien als der Bling-Bling-Politiker Sarkozy: bieder, aufrichtig, transparent. Doch der "normale Präsident" ist an seinem Anspruch gescheitert. Nicht nur sein Liebesleben machte ihn in den vergangenen zweieinhalb Jahren zum Gespött, sondern auch seine Mitstreiter.

Da war Haushaltsminister Jerôme Cahuzac, der ein Schwarzgeldkonto in der Schweiz unterhielt. Er musste ebenso zurücktreten wie Präsidentenberater Aquilino Morelle, der einen luxuriösen Lebensstil samt Schuhputzer pflegte und nebenbei noch Geld von der Pharma-Industrie bekam. Und da ist nun auch noch Jean-Pierre Jouyet.

Der Präsident hatte seinen alten Freund aus Studientagen erst im April in den Elysée-Palast geholt, um Ruhe in seine Entourage zu bringen. Doch Jouyet ist kein Politiker. Journalisten wissen, dass die graue Eminenz im Elysée gerne plaudert. Das wird ihm nun zum Verhängnis: Ausgerechnet der Name des engsten Hollande-Vertrauten wird mit einem Komplott in Verbindung gebracht, das ein Spitzenmann des politischen Gegners ausgeheckt haben soll. Der Präsidentschaftsbewerber und Ex-Regierungschef François Fillon soll über Jouyet den Elysée aufgefordert haben, die juristischen Ermittlungen gegen den gemeinsamen Feind Sarkozy zu beschleunigen. Anders als sein Vorgänger wollte Hollande sich aber nicht in die Arbeit der Justiz einmischen und lehnte das Ansinnen ab.

Doch der Präsident wird seinen engsten Vertrauten wohl opfern müssen. Jouyet hat mit seinem vorschnellen Dementi gelogen - die Aufzeichnungen von zwei Journalisten beweisen es. Auch der einst geachtete Fillon dürfte sich mit der Affäre den Weg Richtung Präsidentschaft verbaut haben. Selbst wenn er das Gegenteil behauptet, wird der Verdacht eines Komplotts an ihm haften bleiben.

Die Hinterzimmer-Mauschelei wirft ein schlechtes Licht auf die französischen Politiker generell. Denn statt sich um die drängenden Probleme wie die Rekord-Arbeitslosigkeit zu kümmern, bereiten sie in Nobel-Restaurants schon die nächste Präsidentenwahl vor. Für die empfiehlt sich mit dem Polit-Skandal vor allem eine: die Rechtspopulistin Marine Le Pen . Die sagt schon seit Jahren, dass die französischen Politiker alle verdorben sind - "tous pourris".

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