Da sitzt sie am Klavier und haut in die Tasten. Noten braucht sie dafür nicht. Und sie singt, die Stimme klingt wie eh und je. 80? Diese quicklebendige Strahlefrau? "Ach, ich hab doch keine Zeit, alt zu werden" sagt Brigitta Matthieu. Viele Jahre lang hat die Kammersängerin, die auch mit dem Albert-Schweitzer-Friedenspreis ausgezeichnet wurde, zum Ensemble des Saarländischen Staatstheaters gehört. Hat große Opern-, Operetten- und Musical-Rollen gesungen. Und Dozentin für Gesang an der Musikhochschule des Saarlandes (HfM) war sie auch.

Dann kam das, was bei anderen Leuten "Ruhestand " heißt. Und daraus hat sie nun ein neues Leben gemacht - als Musiktherapeutin im Klinikum Merzig . Als Gesangspädagogin - mit bekannten Schülern. Mit Gesangkursen und Unterhaltung für Senioren in Altenheimen. Hat ganz nebenbei Cello spielen gelernt und Querflöte; Klavier und Akkordeon konnte sie ja schon. Macht mit ihrem Lebenspartner, dem aserbaidschanischen Cellisten Faik Dachdamirov, bei Veranstaltungen "Musik zum Mitsingen und Mitspielen". Ganz nebenbei ist sie auch noch noch Reiki-Meisterin geworden.

Eigentlich müsste Matthieu - wozu sie aber keine Zeit hat - ja ein Buch schreiben über ihr pralles Leben. Geboren ist sie in der Oberlausitz, Ausbildung am Berliner Konservatorium, Siegerin in Hans Rosenthals Rundfunk-Talentsuche. War Soubrette an der Berliner Oper, hat mit Johannes Heesters und anderen Größen gearbeitet, ist mit den Berlinern durch die Welt getourt. Kam dann nach Saarbrücken und hat im damaligen Intendanten Hermann Wedekind eine verwandte Seele gefunden. Es war die lebhafte Zeit der Georgien-Partnerschaft. Und wenn im Theater gefeiert wurde, schwang sie das Akkordeon , und alle sangen mit.

Musik ist ihr Leben. Ein reiches Leben. Nein, zur Ruhe setzt sie sich nicht. Sie will andere Menschen daran teilhaben lassen. Möglichst noch lange.