Geschichte einer Hassliebe

Bonn. Ein Dröhnen, dann fallen Bomben aus dem Bauch der US-Flieger. So nahmen viele Deutsche die Amerikaner gegen Kriegsende wahr: als Feinde. Drei Jahre später ist schon alles anders. "Rosinenbomber" versorgen West-Berlin mit Lebensmitteln, und amerikanische Schulkinder basteln Fallschirme, mit denen Süßigkeiten über der abgeriegelten Stadt abgeworfen werden

 Eine Ausstellungsbroschüre wirbt Anfang der 1950er Jahre für den amerikanischen Lebensstil. Foto: Stiftung Haus der Geschichte/Thünker

Eine Ausstellungsbroschüre wirbt Anfang der 1950er Jahre für den amerikanischen Lebensstil. Foto: Stiftung Haus der Geschichte/Thünker

Bonn. Ein Dröhnen, dann fallen Bomben aus dem Bauch der US-Flieger. So nahmen viele Deutsche die Amerikaner gegen Kriegsende wahr: als Feinde. Drei Jahre später ist schon alles anders. "Rosinenbomber" versorgen West-Berlin mit Lebensmitteln, und amerikanische Schulkinder basteln Fallschirme, mit denen Süßigkeiten über der abgeriegelten Stadt abgeworfen werden. Einer davon ist in der neuen Ausstellung zum deutsch-amerikanischen Verhältnis im Bonner Haus der Geschichte zu sehen.

"Kaum ein anderes Land weckt bei uns Deutschen so viele Emotionen und polarisiert in einem Maße wie die USA", sagt der Leiter des Hauses, Hans Walter Hütter. Viele der gegensätzlichen Gefühle gegenüber der Weltmacht dokumentiert die Ausstellung "The American Way. Die USA in Deutschland".

Rund tausend Exponate sowie Film- und Tondokumente illustrieren den Einfluss des "American Way of Life" auf das Leben in Deutschland, aber auch die historischen Verflechtungen beider Staaten seit Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die Gegenwart. Besonders eindrucksvoll und erstmals in Europa: ein Wrackteil eines der bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zerstörten Flugzeuge sowie das Etagenschild vom 102. Stockwerk des World Trade Center.

Die chronologisch gegliederte Schau beginnt mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Amerikaner zunächst als Besatzer wahrgenommen werden. Die Wende im deutsch-amerikanischen Verhältnis stellt sich jedoch rasch ein. Care-Pakete und Marshall-Plan prägen ein positives Bild der Amerikaner. In den 50er und 60er Jahren hält der amerikanische Lebensstil Einzug in Deutschland. In der Ausstellung ist der amerikanischen Straßenkreuzern nachempfundene Taunus 17M de Luxe mit seinen glänzenden Chromteilen zu bewundern, der wohl Ende der 50er Jahre der Traum vieler Deutscher war. Eine eigene Hausbar im amerikanischen Stil, Fertiggerichte oder Tupper-Dosen galten als schick und innovativ.

Die Ausstellung, die bis zum 13. Oktober zu sehen ist, wirft auch einen Blick in die frühere DDR, wo die USA vom SED-Regime verteufelt wurden, während vor allem bei der Jugend amerikanische Musik und Konsumgüter begehrt waren.

Zur gleichen Zeit erfreuten sich amerikanische Musik und Filme im Westen großer Beliebtheit. Lieder von Ray Charles und Glenn Miller liefen in deutschen Jukeboxen rund um die Uhr. Besucher können reichlich Kostproben nehmen. Zudem zeigt ein kleines Kino US-Film-Highlights.

Doch das Verhältnis zu den USA war auch immer von Hass-Liebe geprägt. So etwa während des Vietnam-Krieges und bei der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland, die Proteste hervorriefen. Bei den Terroranschlägen in New York 2001 konnten sich die Amerikaner zwar des deutschen Mitgefühls sicher sein. "Heute sind wir alle Amerikaner", sagte der damalige SPD-Fraktionschef Peter Struck. Aber der Irak-Krieg stieß in Deutschland auf Ablehnung.

Geöffnet: Di bis Fr, 9 bis 19 Uhr, Sa und So, 10 bis 18 Uhr. Infos: www.hdg.de

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