"Das ist Jetzt-Material!"

Saarbrücken. "Ich bin der Schumi", stellt er sich vor. Thomas Schulte-Michels macht gern Tempo. Er sei "wahnsinnig schnell", nehme schnell auf und reagiere auch schnell, sagen Schauspieler über die Probenarbeit mit dem Regisseur

 Thomas Schulte-Michels im Foyer des Staatstheaters. Foto: Iris Maurer

Thomas Schulte-Michels im Foyer des Staatstheaters. Foto: Iris Maurer

Saarbrücken. "Ich bin der Schumi", stellt er sich vor. Thomas Schulte-Michels macht gern Tempo. Er sei "wahnsinnig schnell", nehme schnell auf und reagiere auch schnell, sagen Schauspieler über die Probenarbeit mit dem Regisseur. Kommunikation sollte eben möglichst schnell funktionieren, meint "Schumi" lächelnd dazu und zitiert gern seinen "spiritus rector" George Tabori: "Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist die Strecke, und nicht die Girlande". Bei Schiller, räumt der 67-Jährige ein, sei er aber wohl etwas voreilig gewesen.Denn dessen "Räuber" wollte "Schumi" erst gar nicht übernehmen. "Das ist das Stück eines Postpubertären für einen Präsenilen, warum lassen Se da nen Jungen ran?", habe er Intendantin Dagmar Schlingmann entgegen gehalten. Und nur, weil die so "charmant-stur" blieb, sich umstimmen lassen. Was Schumi nicht bereut. Respekt! Was Schiller da als junger Mann mit 22 hinbekommen habe.

"Wenn man mal das ganze Pfadfinder-Trallalei wegstreicht und auf die Essenz kommt, dann ist das auf einmal ein Jetzt-Material". Habe man früher die Räuber im Hinblick auf die Entstehung des RAF-Terrorismus interpretiert, so bieten sich für Schulte-Michels heute andere Analogien an: Die enorme Jugendarbeitslosigkeit sei ein soziales Pulverfass. Siehe England, wo die Underdogs Geschäfte plünderten, um sich das zu holen, was sie nicht kriegen können. Siehe die Armen Afrikas, die vor Europa stünden und "endlich auch an den Speck heran wollen". "Wenn die Zäune zu lange dicht gemacht werden, klettert man irgendwann drüber oder sprengt sie."

Tempo macht Schulte-Michels aber nicht nur bei den Proben. "Nach Watzlawick verstehen wir vieles heute nonverbal als körperliche, physische Interaktion, da brauchen wir keinen Text." Bei den älteren Dramatikern aber werde manches vierfach gesagt, da müsse man heute das Dreifache streichen. Wie schon früher mal bei Ibsens "Frau am Meer" habe auch bei Schillers "Räubern" daher das Stück um zwei Drittel "komprimiert".

Schulte-Michels Regie-Karriere begann in den 1970er Jahren. Damals schockierte er die Theaterwelt, als er "Die Ermittlung", Peter Weiß' dokumentarisches Stück über die Auschwitzprozesse, am Schlosstheater Moers als Talkshow inszenierte. An fast allen größeren Häusern im deutschsprachigen Raum war er seitdem gefragt. "Wir waren lange Zeit sicherlich im Kielwasser der 68er, wo das Theatralische oder auch das Entertainment ein bisschen unterschlagen und dramaturgisch die Farbe Grau angesagt war, aber das ist lange her", stellt er rückblickend fest. Dass er bei seinen Inszenierungen auch das Bühnenbild mache, sei eine Notwendigkeit, so Schulte Michels. "Ich lese einen Text und dann stellen sich Bilder ein", beschreibt er seine Vorgehensweise. "Und erst wenn sich die Räumlichkeiten formulieren, formuliert sich für mich auch die Richtung, wie das erzählt werden soll."

Premiere: Samstag, 19.30 Uhr, in der Alten Feuerwache. Karten: Tel. (06 81) 309 24 86.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort