Belgier Peter Praet wird neuer EZB-Volkswirt

Frankfurt. EZB-Präsident Mario Draghi hat das neue Jahr mit einer Überraschung begonnen: Unter seiner Leitung ernannte das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) gestern überraschend den Belgier Peter Praet als neuen Chefvolkswirt, wie die EZB mitteilte

Frankfurt. EZB-Präsident Mario Draghi hat das neue Jahr mit einer Überraschung begonnen: Unter seiner Leitung ernannte das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) gestern überraschend den Belgier Peter Praet als neuen Chefvolkswirt, wie die EZB mitteilte. Der als aussichtsreicher Kandidat für den Posten gehandelte Jörg Asmussen und der Franzose Benoît Coeuré bekommen andere Aufgaben.Praet tritt die Nachfolge von Jürgen Stark an, der den einflussreichen Posten Ende 2011 vorzeitig geräumt hatte. Zum ersten Mal in der Geschichte der Zentralbank hat damit kein Deutscher mehr das Amt des Chefvolkswirts inne. Dennoch hat Praet aber einen deutschen Bezug vorzuweisen: Der 62-Jährige wurde im nordrhein-westfälischen Herchen geboren und wuchs in Deutschland auf, seine Mutter ist Deutsche.

Der Wirtschaftswissenschaftler ist seit Juni 2011 Mitglied im EZB-Direktorium, dem Exekutivorgan der Notenbank. Zuvor war er Direktor der belgischen Nationalbank. Seine Ernennung kommt überraschend: Nach Starks Rücktrittsankündigung galt Asmussen, ehemaliger Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, lange als einziger Kandidat für den Posten. Ende November brachte Paris dann Coeuré, damals Chefvolkswirt im französischen Finanzministerium, ins Spiel. Praet war nicht im Fokus.

Asmussen und Coeuré sind seit Januar offiziell Direktoriumsmitglieder, wenn auch nun mit anderen Aufgaben als erwartet. Asmussen werde "für internationale und europäische Beziehungen" zuständig sein, teilte die Notenbank mit. Gemeinsam mit Draghi und Vize-Präsident Vítor Constancio werde er an den Treffen der Euro-Gruppe, dem Rat der EU-Finanzminister und an Runden mit den Staats- und Regierungschefs der EU und der Euro-Zone teilnehmen. Zudem werde Asmussen die Rechtsabteilung leiten - ein Ressort, das unter anderem auch die umstrittenen Anleihekäufe der EZB bewertet. Asmussen sagt, er sei "zufrieden". Coeuré wird für Marktoperationen verantwortlich sein. Diese Abteilung ist ebenfalls nicht unwichtig im Bezug auf die umstrittenen Hilfsaktionen der EZB während der Euro-Krise.Foto: dpa

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Meinung

Zeichen der Unabhängigkeit

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Eines hat EZB-Chef Mario Draghi mit der überraschenden Wahl des Belgiers Peter Praet bewiesen: dass er sich bei seinen Entscheidungen nicht von nationalen Interessen leiten lässt. Ein klares Zeichen in Zeiten, in denen Staatschefs immer häufiger versuchen, der EZB reinzureden. Während Deutschland und Frankreich um den Posten streiten, demonstriert Draghi seine Unabhängigkeit. Chapeau!

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