Arcandor-Chef warnt vor Karstadt-Pleite

Essen/Saarbrücken. Der Handelskonzern Arcandor hat mit düsteren Prognosen für den Fall einer Karstadt-Pleite sein Drängen auf schnelle staatliche Finanzhilfen untermauert. "Ohne Bürgschaft ist für Karstadt am 12. Juni Schluss", sagte Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung"

Essen/Saarbrücken. Der Handelskonzern Arcandor hat mit düsteren Prognosen für den Fall einer Karstadt-Pleite sein Drängen auf schnelle staatliche Finanzhilfen untermauert. "Ohne Bürgschaft ist für Karstadt am 12. Juni Schluss", sagte Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Eick braucht bis zu dem Datum für die Kaufhaustochter Karstadt eine 650-Millionen-Euro-Bürgschaft, weil dann eine Kreditlinie ausläuft. Außerdem möchte der Konzern einen 200-Millionen-Euro-Kredit von der KfW. "Eine Insolvenz wäre für den Staat die mit Abstand teuerste Lösung." In der Politik gibt es dagegen Vorbehalte. Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatte sich bereits ablehnend geäußert, weil Arcandor bereits vor der aktuellen Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten sei. Kritik kam auch von Mitbewerbern im Handel. Wenn Arcandor mit Steuergeld gerettet würden, sei dies ein Schlag ins Gesicht aller Unternehmer, die ordentlich gewirtschaftet haben, sagte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub der "Wirtschaftswoche". Alexander Otto, Chef des größten europäischen Einkaufscenter-Betreibers ECE hält "gar nichts" von Staatshilfen für Arcandor, wie er dem "Tagesspiegel" sagte. "Der Staat kann nicht jedem Unternehmen helfen, das strukturelle Probleme hat und teilweise auch die Zeichen der Zeit verpasst hat."In den 121 Karstadt-Häusern werden nach Vollzeitstellen knapp 23 000 Menschen beschäftigt. In Saarbrücken sind inklusive Teilzeit-Beschäftigte rund 350 Mitarbeiter betroffen. Arcandor sieht bei einer Karstadt-Pleite den ganzen Handels- und Tourismuskonzern mit Thomas Cook in Gefahr. Dann würden die Biografien von mehr als 50 000 Mitarbeitern gebrochen. "Zusammen mit den Familien unserer Beschäftigten würden weit mehr als 100 000 Menschen in eine ungewisse Zukunft entlassen", sagte Karstadt-Chef Stefan Herzberg der "Bild am Sonntag". "Zu befürchten sind dann zahlreiche Folge-Insolvenzen bei unseren Lieferanten." Ein Verschwinden von Karstadt "wäre zudem eine Katastrophe für die deutschen Innenstädte", sagte Herzberg. Mit einem Aktionstag in allen Karstadt-Filialen will der Konzern am Freitag darauf aufmerksam machen. Eick sagte, dass eine Fusion mit dem Konkurrenten Kaufhof zu einer "Deutschen Warenhaus AG" keine kurzfristige Lösung sei. Er halte einen Zusammenschluss frühestens ab 2010 für möglich, sagte Eick der "Bild"-Zeitung. Es gebe keine "durchdachte Konzepte für einen solchen Zusammenschluss - nicht einmal von der Kaufhof-Mutter Metro". dpaMeinung

Dreiste Drohgebärden

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf Die Arcandor-Chefs überziehen. Sie malen Horrorszenarien für den Fall einer Insolvenz aus. Ihr Drängen auf Staatshilfe nimmt die Züge von Erpressung an. Sicherlich würde das Aus von Karstadt die vielen tausend Mitarbeiter hart treffen. Verantwortlich für das Desaster ist aber das Konzernmanagement der vergangenen Jahre. Das Betteln und Drohen des Vorstands belegt, welche fatalen Folgen die Debatte um die Rettung von Opel hat. Jetzt will jeder Pleitekandidat an den Staatstropf, auch wenn die Probleme selbst verschuldet sind. Damit ist die öffentliche Hand heillos überfordert. Im Fall Karstadt bietet sich eh eine andere Lösung an: Ein Konkurrent, die Kaufhof-Mutter Metro, hat ja bereits Interesse bekundet.

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