Ziemlich beste Freunde

Saarbrücken · Am Samstag hat Verdis Oper „Ein Maskenball (Un ballo in maschera)“ im Saarländischen Staatstheater Premiere. Regie führt Tom Ryser, Nicholas Milton dirigiert das Staatsorchester. Wie diese Zusammenarbeit, die ihre Tücken haben könnte, funktioniert, erklären sie uns.

 Dirigent Nicholas Milton (l.) und Regisseur Tom Ryser bei einer Probenbesprechung. Foto: Astrid Karger

Dirigent Nicholas Milton (l.) und Regisseur Tom Ryser bei einer Probenbesprechung. Foto: Astrid Karger

Foto: Astrid Karger

"Der natürliche Feind des Regisseurs ist der Dirigent." Regisseur Jossi Wieler hat das einmal griffig formuliert, denn unbedingte Werktreue verhindert eine Aktualisierung. Ebenso gilt, dass Dirigenten den Werken übergestülpte Regietheater-Ideen in der Partitur nicht finden und deshalb ablehnen. Der Regisseur Tom Ryser und der Dirigent Nicholas Milton, die gemeinsam Verdis Oper "Ein Maskenball (Un ballo in maschera)" auf die Bühne des Staatstheaters bringen, aber sind glücklich miteinander. Im Gespräch erklären sie, warum: Praktiziert würde häufig Arbeitsteilung - der Dirigent hat die Partitur und macht die Musik, die Regie hat das Libretto und ist für das Bühnengeschehen zuständig.

Milton und Ryser schätzen aneinander, dass sie beide sowohl Ohren als auch Augen für die Arbeit des anderen haben - Ryser hört auch die Zwischentöne, und Milton schaut aus dem Orchestergraben heraus. Keiner der beiden glaubt, Verdi verbessern zu müssen. So sagt Nicholas Milton: "Verdi hat uns alles schon gezeigt, alles passt perfekt, ermöglicht eine wunderbare Mischung aus Musik und Regie. Steht in der Partitur etwa ‚sie geht auf die Knie', versteht man das zunächst nicht, aber es wird klar, wenn man hört, wie das Cello in der Musik nach unten geht."

Tom Ryser war der Wunschkandidat für Milton: "Ich habe Tom in ‚Gärtnerin aus Liebe' erlebt und war begeistert. Es war so musikalisch, alles hat genau gestimmt, jeder musikalische Akzent war auf der Bühne zu sehen. Ich dachte, mit diesem Mann muss ich arbeiten. Tom ist ein Mann, der in die Partitur geht, jeden Text versteht. Kein Regisseur, der sagt: ‚Geh hier rechts, da links.' Sondern einer, der den abgründigen Zorn des gehörnten Renato verdeutlicht". Die Sänger seien "froh, tief in die Charaktere einsteigen zu können. Auch sie sind Musiker, man kann mit ihnen reden. Regisseur Ryser tanzt bei den Proben manchmal sogar vor. "Das ist das Schöne am Musiktheater, es liegt eine Art Rhythmus über dem Ganzen. Und es ist keine Note zuviel bei Verdi."

Geht es um ein plötzlich einsetzendes Geschehen, empfiehlt Milton den Moment des Wechsels der Tonart, denn "da ist es logisch." Oder es ist der Regisseur, der den Dirigenten bittet, den Akkord, der ganz deutlich einen im Stillen gefassten Entschluss des Protagonisten begleitet, deutlicher herauszuarbeiten. Ryser gestaltet die Verdi-Oper über den furchtlosen Fürsten Riccardo, der der Frau seines Freundes nachstellt und alle Warnungen in den Wind schlägt, aus dem, was ihm vorliegt. "Meine Freiheit beginnt erst, wenn ich die Musik ganz genau kenne. Wenn ich aus der Musik heraus agiere, dann ist die Freiheit sehr groß."

Das Thema Verstellung sei allgegenwärtig, auffallend die fast kindliche Offenheit und Spielfreude des Herrschers, sein Spaß am Verkleiden, die Leichtigkeit. Aber könnte man im König nicht auch den weisen Herrscher sehen, gefangen im Zeremoniell auch des Maskenballs? So denkt, wer nur die Geschichte kennt, das Libretto , denn "so ist die Musik nicht." Nicholas Milton bestätigt die Sicht Tom Rysers: "Die Musik ist da ganz eindeutig, voller Spielfreude, lustig", etwa als Riccardo auf den Vorschlag des Dieners eingeht, die Wahrsagerin, die seine Ermordung prophezeite, zu testen.

Klug agiert er nicht, der bübische König, den Test durchkreuzt er selbst durch Schicksalspiele. Gelassen nimmt er sein Schicksal an. Die Liebe des Volkes ist ihm sicher, das weiß der König, und auch das ist in der Verdis Musik zu hören.

Premiere: Samstag, 19.30 Uhr, Staatstheater . Karten:

Tel. (06 81) 309 24 86.

www.theater-saarbruecken.de

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