„100 Prozent Gefühl, 100 Prozent Spaß“

Saarbrücken · Mit der „Operation Orchester“ bewies Tom Ryser schon 2013: Er ist der Regisseur für die besonderen Fälle. Eine „Zauberflöte“ fast ohne Sänger war's damals – und das Publikum war hingerissen. Zum Saisonende will er's nun nochmal mit Mozart wissen und hat sich dessen Frühwerk „La finta giardiniera“ vorgenommen.

 It's cool man: Regisseur Tom Ryser in der Kulisse von „Die Gärtnerin aus Liebe“, die am Samstag Premiere hat. Foto: Oliver Dietze

It's cool man: Regisseur Tom Ryser in der Kulisse von „Die Gärtnerin aus Liebe“, die am Samstag Premiere hat. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Mit dem "Niederstechen" zu Anfang, das müsse fix gehen. "Klar hab' ich die Handlung da gepimpt." Ja, ist das jetzt noch Mozarts Oper "La finta giardiniera" ("Die Gärtnerin aus Liebe") oder schon der nächste Sonntags-"Tatort", über den Tom Ryser redet? Ersteres, aber soviel darf man sagen: Es wird keine Inszenierung von der Stange am Samstagabend. Und langweilig auch nicht.

Die Vorschusslorbeeren hat sich der Basler Regisseur schon 2013 erarbeitet. Mit der "Operation Orchester ", die das Staatstheater in der Alten Schmelz in St. Ingbert zeigte. Kurz gesagt: eine "Zauberflöte" fast ohne Sänger , dafür mit einem Orchester in Bewegung. Reichlich ungewöhnlich und einer der Renner der Außer-Haus-Saison des Theaters. Dafür holte Brigitte Heusinger, die Operndirektorin der Saarbrücker Bühne, Ryser damals ins Saarland. Man kannte sich vom Theater Basel , wo Heusinger zuvor Dramaturgin war und Ryser inszenierte.

Man merkt gleich: Das Denken in üblichen Theaterkategorien liegt Ryser fern. "Was ich auf der Bühne brauche, das nehme ich mir." Vielleicht ist es ja doch kein Zufall, dass einen Tom Ryser - soviel innerschweizer Vergleich muss jetzt sein - an einen gut konservierten Dieter Meier erinnert. So multiinteressiert, multitalentiert wie der "Yello"-Popgenius, Konzeptkünstler und Nebenerwerbswinzer kommt einem auch der Schnellredner Ryser vor. "Das macht man so nicht" - existiert für ihn nicht. Das kindliche "Warum kann man das nicht auch so machen?" ist dagegen sein Prinzip. Darum wird man in der "Gärtnerin" auch einen Kinderchor erleben, den es bei Mozart so nicht gibt, der vielleicht sogar einen Schlüssel liefern wird zu der eigentlich unmöglichen Liebe von Graf Belfiore und der Marchesa Violante: Aus Eifersucht sticht Belfiore Violante nieder - aber die hängt weiter an ihm.

Ryser mag solche "Unmöglichkeiten". Zu weit hergeholt diese opernhafte Situation? "Paare, die aneinander kleben, obwohl sie sich besser trennen sollten, kennt doch jeder", entgegnet er. Und für unmöglich Liebende hat er sowieso ein Händchen. 2002 ließ er etwa in einem gigantischen Openairspektakel, zum Kantonstag im Schweizer Aargau, sogar Bagger tanzen, turteln und streiten - zu einem alten Volkslied über ein Liebespaar.

Überhaupt steckt so viel Bühnenlust in ihm, dass man damit ein paar Künstlerbiographien schreiben könnte. Hier also nur der Schnelldurchlauf: Schon in der Schule liebte Ryser Theater, "aber zu sehr, um es selbst zu machen". Dann traute er sich doch. Mit Pferd, Wagen und viel Elan zog er durchs Basler Umland, spielte auf Straßen. Dann: Mimenschule in London, dazwischen wieder freies Theater in der Schweiz, auch schon als Regisseur, Zirkus, Schauspielschule in Bern (mit Diplom) und und und. Und seit 25 Jahren ist der 47-Jährige auch mit dem Clown- und Kleinkunst-Doppel "Ursus & Nadeschkin" verbandelt - als Regisseur und Co-Autor. "Das Eheähnlichste, was ich lebe", sagt er. Sozusagen im Duo der Dritte. Und für ihn nach wie vor die Spielwiese, auf der er Verrücktes, Absurdes ausprobiert.

Selbiges scheut er aber auch auf der großen Bühne nicht, ob er nun Musicalklassiker oder Oper inszeniert. Wobei Rysers erfrischender Blick auf Vertrautes nichts mit den Selbstherrlichkeiten diverser Regieführender zu tun hat, die ungeniert für ihre Streiche die Musik ruinieren. "Ich liebe Mozarts Musik", beteuert Ryser.

Doch er weiß auch, wo man ansetzen kann bei der "Gärtnerin". Denn als Mozart diese 18-/19-jährig komponierte war das Genialische wohl schon hörbar, trotzdem ist sie ungekürzt ein Dreieinhalbstunden-Brocken. So habe er mit Operndirektorin Heusinger und Dirigent Ulrich Maier etwa alle rezitativi secchi (nur mit Generalbass unterlegte Rezitative) rausgenommen und die "Gärtnerin" auf zwei Stunden verdichtet. Dafür aber das Orchester auf die Bühne geholt. "100 Prozent Gefühl, 100 Prozent Spaß" annonciert Ryser nun.

Premiere: Samstag, 19.30 Uhr, im Saarländischen Staatstheater . Karten gibt es unter

Tel. (06 81) 309 24 86.

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