Weniger Lohn, niedrigere Preise

Saarbrücken. Der Zeitpunkt war mit Bedacht gewählt. Wenige Tage, bevor die gewerkschaftsnahe Arbeitskammer ihren Bericht zur Lage der Arbeitnehmer vorstellen wird, hat gestern die saarländische Wirtschaft ihre Sicht auf die hiesige Einkommenssituation dargelegt

Saarbrücken. Der Zeitpunkt war mit Bedacht gewählt. Wenige Tage, bevor die gewerkschaftsnahe Arbeitskammer ihren Bericht zur Lage der Arbeitnehmer vorstellen wird, hat gestern die saarländische Wirtschaft ihre Sicht auf die hiesige Einkommenssituation dargelegt. In Form einer Studie im Auftrag der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU) und des Verbands der Metall- und Elektroindustrie ME Saar. Mit dem Ziel, zu klären, was es mit dem von der Arbeitskammer seit Jahren angeprangerten Einkommensrückstand der Saarländer auf sich hat. Die Untersuchung, erstellt vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH, bestätigt zunächst den Tenor des Arbeitskammerberichts vom vorigen Jahr: Die saarländischen Arbeitnehmer verdienen demnach im Jahr mit 26163 Euro fünf Prozent tatsächlich weniger als ihre Kollegen in Westdeutschland. Doch schiebt die Studie mehrere Einschränkungen nach: Die Lebenshaltungskosten liegen demnach rund vier Prozent unter dem westdeutschen Schnitt. "Dadurch wird der Verdienstabstand von fünf Prozent nahezu wett gemacht", sagt Georg Weisweiler, Präsident des ME Saar. Das zweite Aber: Arbeiter verdienen hier sogar rund sechs Prozent mehr als im westdeutschen Durchschnitt. Weil im Vergleich viele hoch qualifiziert sind und in gut zahlenden Branchen arbeiten. So "beschäftigt die saarländische Industrie deutlich mehr Facharbeiter, als es in Westdeutschland üblich ist", stellt Weisweiler fest. Nur bei den Angestellten sieht es schlechter aus. Sie müssen sich mit gut neun Prozent weniger Gehalt begnügen als im westdeutschen Schnitt. Was aber daran liege, dass es "an der Saar weniger gut bezahlte Jobs im Management sowie in der Forschung und Entwicklung gibt", sagte VSU-Präsident Walter Koch. Es fehlten Verwaltungszentralen und Entwicklungsabteilungen großer Unternehmen. So zeigt die Studie, dass es im Saarland im Vergleich besonders wenige Angestellte mit Spitzenverdiensten gibt. Koch sieht den Ansatzpunkt für Veränderungen bei der Wirtschaftsstruktur des Landes. "Wir müssen und wollen ein Industrieland bleiben, aber gleichzeitig muss es uns gelingen, mehr hochwertige unternehmensnahe Dienstleistungen hier anzusiedeln. Dann folgen die Einkommen automatisch nach. Bei der Lohnpolitik anzusetzen, wäre der falsche Hebel." Ein Aussage, die sich offenbar gegen die Arbeitskammer richtet, die möglicherweise nächste Woche deutlich höhere Tariflöhne fordern wird. Meinung

Keine armen Würstchen

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf Die Saarländer brauchen sich nicht zu verstecken - und dürfen es auch nicht. Ob Arbeiter oder Angestellte, wir sind nicht die armen Würstchen der Republik. Man verdient hier recht ordentlich. Soll der Wohlstand aber steigen, muss sich das Saarland offensiv vermarkten und viel Energie in Bildung und Innovation stecken. Nur dann bleiben die gut bezahlten Arbeiterjobs in den Großbetrieben von Bosch bis ZF trotz globalen Wettbewerbs erhalten. Nur dann besteht die Chance auf neue Erfolge à la IDS Scheer, wo es die hoch dotierten Stellen gibt, von denen das Land viel mehr benötigt.

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