Wasmeiers Erben

Lake Louise · Seit knapp zehn Jahren hat es kein deutscher Ski-Rennläufer mehr auf das Siegertreppchen bei einer Abfahrt geschafft. Der Trainer des Olympiasiegers ist angetreten, das zu ändern.

Zehn Jahre ist es her, zehn lange, deprimierende Jahre. An einem Samstag im Dezember 2004 nutzte Max Rauffer bei der Weltcup-Abfahrt im Grödnertal die Gunst der Stunde zu einem nicht für möglich gehaltenen Sieg. Seitdem aber gleicht die Bilanz der deutschen Ski-Rennläufer in der alpinen Königsdisziplin einem Armutszeugnis. Sechs Platzierungen unter den Top Zehn, keine unter den ersten drei - in 90 Rennen.

"Haben den besten Trainer"

Mathias Berthold (49) ist angetreten, das zu ändern. Und er scheint auf den ersten Blick wie geschaffen dafür. Berthold, früher schon mal erfolgreicher Trainer der deutschen Frauen, war zuletzt vier Jahre lang Chef der österreichischen Männer - und hat unter anderem Abfahrts-Olympiasieger Matthias Mayer geformt. "Wir haben sicher den besten Trainer bekommen", sagt Josef Ferstl.

Am Mittwoch, beim ersten Training für die erste Weltcup-Abfahrt der WM-Saison am Samstag in Lake Louise /Kanada, haben Josef Ferstl, Sohn des ehemaligen Kitzbühel-Siegers Sepp Ferstl , und zwei andere Deutsche schon mal aufhorchen lassen. Ferstl wurde Vierter, Tobias Stechert (Oberstdorf) und Andreas Sander (Ennepetal) belegten zeitgleich Rang 13. "Das war nur ein Training", betonte Ferstl. Doch bereits vor diesem Training war festzustellen: Bei den deutschen Abfahrern herrscht Aufbruchstimmung, vermittelt von Berthold und dem neuen Abfahrtstrainer Christian Schwaiger, der zuletzt für die deutschen Slalom- und Riesenslalom-Läuferinnen zuständig war. "Es schaut so aus, als ginge es vorwärts", sagt Stechert. Er war vor zwei Jahren Fünfter in Lake Louise - das beste Abfahrtsergebnis seit Rauffers Sieg 2004. "Es ist ein Neuanfang für uns alle, das müssen wir nutzen", sagt Ferstl.

Unabhängig davon, dass sie alle auch lästiges Verletzungspech hatten, loben sie Berthold für das Vertrauen, dass er ihnen entgegenbringt. "Er steht voll hinter uns, egal was wir machen", sagt Ferstl. "Wir sind ein richtiges Team, und wir haben eine super Stimmung", berichtet Stechert. Das ist schon mal was. Berthold, kein Mann der lauten, aber der klaren Worte, ist mit "den Jungs", wie er sie nennt, bisher zufrieden. "Ich sehe eine gute, begabte Mannschaft", sagt er, die bisherigen Leistungen in der Vorbereitung seien sehr gut. Insgesamt "sind wir auf einem guten Weg".

Die Erwartungen hält Berthold bewusst niedrig. Er hat einen Vierjahres-Plan, dann, so erklärt der Österreicher, "müssen wir so weit sein, dass wir bei Olympia vorne mitfahren können". Pyeongchang 2018 ist das Fernziel. Die letzte Olympiamedaillen für die deutschen Männer holte 1994 Markus Wasmeier (zweimal Gold).

Einstweilen würde es Berthold reichen, "wenn wir mit so vielen wie möglich in die Punkte fahren", also unter die ersten 30. Dabei aber muss es nicht bleiben, sagt Stechert: "Der ein oder andere kann schon immer mal wieder vorne reinfahren. Das ist realistisch."

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