„Ich im Anzug? Garantiert nicht“

Saarbrücken. Vor vier Jahren führte Trainer Jens Kiefer den FC Homburg in die Regionalliga. Jetzt ist er zurückgekehrt und erklärt beim Besuch auf der Redaktions couch der Saarbrücker Zeitung , was sich geändert hat und was er diesmal erreichen will.

 Wie immer gut gelaunt bei seinem Redaktionsbesuch: Jens Kiefer, der Trainer des FC Homburg. Foto: Oliver Dietze

Wie immer gut gelaunt bei seinem Redaktionsbesuch: Jens Kiefer, der Trainer des FC Homburg. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Bundestrainer Joachim Löw musste vor dem WM-Sieg viel Kritik einstecken. Wären Sie gerne Bundestrainer?

Jens Kiefer (lacht): Davon bin ich so weit weg, dass ich mir noch nie darüber Gedanken gemacht habe. Für mich hat sich Löw in der Situation richtig verhalten. Das gilt für jeden Trainer: Dass man seine Vorstellungen umsetzt und sein Ding durchzieht.

Aus dem DFB kam während der WM keine Kritik am Bundestrainer. Wie wichtig ist es für einen Trainer, dass Vertrauen da ist?

Kiefer: Es ist nie hilfreich, wenn aus den eigenen Reihen Stimmen öffentlich werden, die eigentlich eine andere Meinung haben. Wenn man das überträgt auf Homburg, denke ich, dass das dort auch nicht vorkommen wird. Ich glaube, mit den Leuten um mich herum, das passt. Das ist schon ein sehr gutes Gefühl. Aber im Endeffekt hängt alles von den Punkten ab.

Die Vorbereitung mit dem FCH geht langsam dem Ende zu. Wie zufrieden sind Sie mit dem derzeitigen Stand der Mannschaft?

Kiefer: Bisher ist Vieles so gelaufen, wie ich mir das vorstelle. Jeder, der auf einem Trainingsplatz steht, weiß, dass die Spieler in der Vorbereitung 100 Prozent reinhauen. Die erste kritische Phase kommt erst dann, wenn die ersten merken, dass sie nicht spielen. Dann muss man als Trainer präsent sein und schauen, dass man den Kader beisammenhält. Es gibt einen Punkt, der mich ein bisschen nachdenklich stimmt. Das ist, dass zwei, drei Spieler, auf die wir bauen, verletzungsbedingt immer noch ausfallen. Das sind Spieler, die brauchen wir einfach. Wir haben gewusst, dass wir ein, zwei Spieler verpflichtet haben, die verletzungsanfällig sind oder auch ein Jahr nicht gespielt haben. Aber wenn sie gespielt hätten, hätten wir sie auch nicht bekommen. Es wird für uns ganz wichtig, dass diese Spieler wieder fit werden.

Planen Sie weitere Neuverpflichtungen?

Kiefer: Ich würde sehr gerne noch einen Offensivspieler verpflichten. Ich weiß, wen ich will. Diese ein, zwei Spieler würde ich gerne noch dazu holen, weil sie die Qualität im Kader erhöhen würden.

Der Kader hat ein völlig neues Gesicht. Nach welchen Kriterien verpflichten Sie Spieler?

Kiefer: Ich achte darauf, wie stressresistent sie sind. Es gibt in einer Saison immer mal Situationen, wo es nicht läuft. Wenn du dann Spieler hast, die trotzdem versuchen, Leistung zu bringen, dem Team zu helfen und keine Unruhe machen - das sind die Spieler, die ich versuche, zu verpflichten. Ich kann als Trainer keine schönere Situation haben, als irgendwohin zu kommen, und - in meinem finanziellen Rahmen - eine Mannschaft nach meinen Vorstellungen zusammenstellen zu können. Wenn du dann einen Verein übernimmst, der in der vorherigen Saison auf Platz elf gestanden hat, bietet es sich an, etwas zu verändern.

Wie erklären Sie Spielern, dass sie nicht spielen?

Kiefer: Ich sage zwei Stunden vor dem Spiel, wer spielt. Ich kann dann nicht mit jedem Spieler, der draußen ist, darüber sprechen, warum er nicht spielt. Wenn ich in der Regionalliga Fußball spiele, mein Geld damit verdiene, dann muss ich damit umgehen können. Meine Spieler wissen: Nach dem Abschlusstraining bis einen Tag nach dem Spiel zählt nur das Spiel. Den Rest der Woche bin ich für alle Spieler da.

Wird der Mannschaftskapitän gewählt oder von Ihnen bestimmt?

Kiefer: Der komplette Mannschaftsrat wird von mir bestimmt. Ich kommuniziere viel mit dem Mannschaftsrat, auch über taktische Dinge. Das müssen dann auch Spieler sein, mit denen ich das machen kann.

Was ist das Saisonziel des FCH?

Kiefer: Wir wollen im ersten Drittel landen.

Die Saison beginnt mit dem Kracher gegen den 1. FC Saarbrücken . Ist das ein optimaler Einstieg, oder würden Sie lieber etwas ruhiger in die Saison kommen?

Kiefer (lacht): Was Besseres kann uns nicht passieren. Das Spiel gewinnen wir, dann haben wir gleich eine Rieseneuphorie im Stadion. Du kannst natürlich auch verlieren, das ist klar. Aber man muss ja immer positiv sein. Es gibt kein schöneres Spiel für den Anfang. Ich rechne damit, dass etwa 12 000 Zuschauer kommen. Es wird eine Superstimmung herrschen. Und wir treffen auf einen Topfavoriten. Eigentlich können wir in dem Spiel nur gewinnen.

Saarbrücken ist für Sie ein Topfavorit?

Kiefer: Sicher. Es gibt nur zwei, das sind Saarbrücken und die SV Elversberg . Dahinter kommen fünf, sechs Mannschaften. Zu denen gehören wir.

Was macht die beiden so stark?

Kiefer: Sie haben mehr Geld als alle anderen in der Liga und haben entsprechend gute Spieler verpflichtet. Ob im Endeffekt alles zusammenpasst, weiß ich nicht. Aber wenn man die Namen liest, dann ist das schon Qualität. Wir haben auch gute Spieler verpflichtet, das wissen wir auch. Aber bei uns muss noch mehr über die Mannschaft gehen, weil die beiden individuell über allen anderen stehen werden. Die Liga wird im Ganzen um einiges stärker als im letzten Jahr sein.

Nach Ihrem Aufstieg in die Regionalliga und Ihrem anschließenden Abschied vom FCH 2010 sind vier Jahre vergangen. Was sind die größten Unterschiede zu damals?

Kiefer: Mannschaftlich gesehen eine Entwicklung vom Amateur- zum Profifußball. Ansonsten ist vieles gleich geblieben- im positiven Sinne. Wenn das nicht so wäre, wäre ich auch kein Trainer in Homburg.

Sie haben die Fußballlehrer-Lizenz gemacht. Ist es das langfristige Ziel, irgendwann in der Bundesliga zu arbeiten?

Kiefer: Um Gottes Willen! Es gibt für mich nichts Schlimmeres, als Regionalliga-Trainer zu sein und über drei Klassen höher zu reden. Ob ich heute sage oder nicht sage, ich will irgendwann Bundesligatrainer werden - mein Weg wird nicht anders verlaufen. Ich will im Fußball erfolgreich sein, aber ich kann auch etwas anderes machen. Man soll im Fußball nicht scheinheilig tun: Du kannst als Trainer nicht langfristig planen. Ich bin jemand, der sowieso in den Tag lebt.

Haben Sie als Fußballtrainer einen Traumjob?

Kiefer (überlegt lange): Ja, eigentlich ist es ein Traumjob.

Was würden Sie sonst tun? Haben Sie eine andere Ausbildung?

Kiefer: Keine Ahnung. Ich habe bei Karlsberg Industriekaufmann gelernt, es aber relativ schnell aufgegeben. Wenn etwas Neues kommt, entscheide ich aus dem Bauch heraus.

Haben Sie als Trainer Vorbilder?

Kiefer: Es gibt zwei: José Mourinho und Luiz Felipe Scolari. ,Scolari?' fragen Sie jetzt. Aber der hat mir schon immer imponiert. Der hat schon bei Chelsea in kurzen Hosen auf der Bank gesessen, als alle anderen im Anzug rumgelaufen sind. Der hat sein Ding gemacht. Der wurde von außen immer kritisiert, aber nicht von den Spielern und das ist das Entscheidende. Genauso ist es bei Mourinho. Du musst taktisch Qualität haben. Aber entscheidend ist, ob ich meinen Laden im Griff habe.

Wird man Sie mal im Anzug an der Linie sehen?

Kiefer: Garantiert nicht.

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