Springreiter legen in Tryon los Der Leitwolf war noch nie so wertvoll

Tryon · Marcus Ehning soll deutsche Springreiter bei Weltreiterspielen in Tryon zu einer Medaille führen. 

 Ein Gruß ins Publikum und volle Konzentration: Bei den Weltreiterspielen in Tryon sind ab heute alle Augen auf Marcus Ehning gerichtet.

Ein Gruß ins Publikum und volle Konzentration: Bei den Weltreiterspielen in Tryon sind ab heute alle Augen auf Marcus Ehning gerichtet.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Den Ritterschlag gab es für Marcus Ehning schon, da hatte er seinen ersten Sprung bei den Weltreiterspielen in Tryon noch gar nicht gemacht. „Er war noch nie so wertvoll wie heute“, adelte Bundestrainer Otto Becker seinen Vorzeige-Springreiter – und meinte damit nicht nur, dass sich der Borkener in bestechender Form befindet und der größte Medaillentrumpf der deutschen Equipe ist. Nein, Ehning übernimmt bei der WM auch die wichtige Rolle des Leitwolfs für die extrem junge Mannschaft.

Und während Becker von seinem „Glücksfall für das Trainerteam“ schwärmt, sitzt Ehning nebendran ganz lässig im Schaukelstuhl, den Strohhut tief ins Gesicht gezogen. Gelassenheit und Coolness strahlt er in der brütenden Hitze North Carolinas aus – und es sind genau diese Eigenschaften, die den 44-Jährigen für seine Mitstreiter so ungemein wichtig machen.

„Es ist sehr gut, dass wir Marcus im Team haben. Der hat wirklich alles an Erfahrung und immer gute Tipps für uns“, sagt etwa Laura Klap­hake, wie Maurice Tebbel erst 24 Jahre jung. Genauso wie die 29-jährige Simone Blum geben sie heute im Zeitspringen (ab 15 Uhr unserer Zeit) ihr WM-Debüt, ehe es morgen und am Freitag um die Mannschafts-Medaillen geht.

Für Ehning, der seine fünften Weltreiterspiele bestreitet und nach seinen jüngsten Siegen in Aachen und Brüssel Rang drei der Weltrangliste erobert hat, ist das nichts Neues mehr. Goldmedaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, Weltcupsiege – es gibt nichts, was Ehning im Reitsport nicht schon erreicht hätte. Und all diese Erfahrung gibt er nun weiter. Dabei findet Ehning selbst nicht einmal, dass die drei Jungspunde seinen Rat überhaupt nötig haben. „Ich glaube, an Erfahrung im Team scheitert es nicht“, sagte er in seiner gewohnt trockenen Art: „Die anderen drei sind alt genug. Ich bin in diesem Alter auch schon Championate geritten.“

Genau deshalb kann er sich so gut in seine jungen Teamkollegen hineinversetzen. Bei den Sommerspielen 2000 in Sydney holte er als 26-Jähriger neben den Größen Otto Becker, Ludger Beerbaum und Lars Nieberg Gold mit der Mannschaft. Klaphake und Tebbel waren da gerade mal sechs Jahre alt. Nun sind sie in der Rolle der Neulinge und Ehning ist der Routinier.

Es ist eine Mischung, die gut funktioniert. So etwa im Juli in Aachen, als Ehning die Equipe beim CHIO als Schlussreiter zum überraschenden Sieg im Nationenpreis führte. „Die anderen respektieren ihn als Menschen und als Reiter, er gibt ihnen Rat und Sicherheit“, erklärte Bundestrainer Becker die Teamchemie.

Ein Rezept, das auch in Tryon zum Erfolg führen könnte. „Am Ende ist vieles möglich“, sagte Ehning: „Ich denke nicht, dass wir zu den Topfavoriten gehören. Aber wenn am Ende eine Medaille rausspringen würde, wäre das ein Traum.“ Und zugleich ein weiterer Ritterschlag für den Leitwolf.

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