Die Kinderkakadu-Weltmeisterin

Saarbrücken. Anne Beenkens Augen huschen immer wieder nach rechts. Da knöpft sie gerade Holly Nixon, ihrer Konkurrentin aus Irland, Zentimeter um Zentimeter ab. Die beiden Ruderinnen sind bei den Junioren-Weltmeisterschaften in der Hälfte des Rennens etwa auf einer Höhe, dicht gefolgt von der Italienerin Elena Coletti und Elza Gulbe aus Lettland

 Gestatten: Anne Beenken, frisch gebackene Junioren-Weltmeisterin im Ruder-Einer. Foto: Oliver Dietze

Gestatten: Anne Beenken, frisch gebackene Junioren-Weltmeisterin im Ruder-Einer. Foto: Oliver Dietze

Saarbrücken. Anne Beenkens Augen huschen immer wieder nach rechts. Da knöpft sie gerade Holly Nixon, ihrer Konkurrentin aus Irland, Zentimeter um Zentimeter ab. Die beiden Ruderinnen sind bei den Junioren-Weltmeisterschaften in der Hälfte des Rennens etwa auf einer Höhe, dicht gefolgt von der Italienerin Elena Coletti und Elza Gulbe aus Lettland.Der Seitenwind auf der Regatta-Strecke in Eton in Großbritannien - 2012 die Olympia-Strecke - ist stark. "Ich bin immer wieder ziemlich nah an die Bojenkette rangekommen", beschreibt Anne Beenken die Mühen, den Ruder-Einer gerade auf ihrer Bahn zu halten: "Manchmal hätte ich die Irin fast blockiert." Ein Grund mehr für die 16-Jährige, die letzten Züge zu forcieren. Anne Beenken setzt zum Sprint an, erarbeitet sich einen Vorsprung von einer Bootslänge - und gewinnt am 7. August in 7:58,00 Minuten sicher mit 1,5 Sekunden Vorsprung vor Nixon Gold bei der Weltmeisterschaft.

"Vor der WM wusste ich noch gar nicht, wo ich mit meiner Leistung stehe. Einfach Wahnsinn", sagt Beenken einige Tage später beim Empfang des Rudervereins Saarbrücken und schüttelt ungläubig den Kopf. Ihre Leistung in diesem Jahr - WM-Gold, der Titel bei der deutschen Junioren-Meisterschaft - ist eindrucksvoll. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass sie vor ein fast zwei Jahren "noch relativ schlecht" war, wie sie lachend erzählt.

Nachdem Anne Beenken über das Sommerferien-Programm "Kinderkakadu" an "Rudern lernen in fünf Tagen" teilgenommen und Gefallen an diesem Sport gefunden hatte, schaffte es die gebürtige Saarbrückerin mit 15 Jahren in die Ruder-Fördergruppe der Junioren B des Ruderclubs Saar. "Aber dann hatte der Ruderclub erstmal keinen Platz für mein Boot. Ich bin im ersten Jahr in der B nur rumgedödelt und war relativ schlecht", gesteht die 1,85 Meter große Gymnasiastin. "Aber dann habe ich gesehen, dass die anderen alle zur deutschen Meisterschaft gefahren sind. Thilo Albrech und Leon Schütze waren im Vierer immer besser, und ich war so schlecht. Das hasse ich. Also habe ich mir im Winter gesagt, dass ich zur nächsten deutschen Meisterschaft fahren werde. Und das habe ich dann auch gemacht."

Die ehrgeizige Ruderin gewann dort auf Anhieb Silber - der Blitzstart in ihre Karriere. "Im Rudern habe ich mir immer gewünscht, erfolgreich zu sein. Früher habe ich noch Volleyball gespielt. Wenn ich da mal verloren habe, war mir das egal. Aber Rudern ist mir wichtig", sagt Anne Beenken, die nebenbei noch Klarinette spielt: "Nicht mehr so oft wie früher, aber ab und zu noch." Acht Trainingseinheiten in der Woche rauben ihr etwas die Zeit.

Wie sehr Anne Beenken ihre Arbeit im Ruder-Einer verstärken wird, weiß sie noch nicht. So wie Anja Noske oder Nina Wengert mal auf Olympische Spiele zusteuern, "da weiß ich gar nicht, ob ich das will", meint die derzeit erfolgreichste Nachwuchs-Ruderin von der Saar, "denn das würde bedeuten, dass ich noch viel mehr trainieren müsste. Und beruflich will ich vielleicht mal Ärztin werden. Ich schaue einfach mal, was passiert". Aber wo sie steht, das wusste Anne Beenken ja vor der WM auch noch nicht.

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