Des einen Leid, des anderen Freud'

Budapest. Samstag, kurz nach 14.30 Uhr. Als es in die entscheidende Phase des Weltmeisterschafts-Finales der Triathleten in Budapest geht, sieht es immer noch gut aus für Jan Frodeno. Der 29-Jährige, der als Führender der Gesamtwertung ins letzte Rennen gegangen ist, hat 1,5 Kilometer Schwimmen gut hinter sich gebracht

 Der größte Moment in der Karriere des Steffen Justus: Der 28-Jährige überquert die Ziellinie als Dritter, schreit seine Emotionen heraus und weiß: Er ist Vize-Weltmeister. Fotos: dpa

Der größte Moment in der Karriere des Steffen Justus: Der 28-Jährige überquert die Ziellinie als Dritter, schreit seine Emotionen heraus und weiß: Er ist Vize-Weltmeister. Fotos: dpa

 Javier Gomez

Javier Gomez

 Gezeichnet: Olympiasieger Jan Frodeno musste sich buchstäblich ins Ziel quälen.

Gezeichnet: Olympiasieger Jan Frodeno musste sich buchstäblich ins Ziel quälen.

Budapest. Samstag, kurz nach 14.30 Uhr. Als es in die entscheidende Phase des Weltmeisterschafts-Finales der Triathleten in Budapest geht, sieht es immer noch gut aus für Jan Frodeno. Der 29-Jährige, der als Führender der Gesamtwertung ins letzte Rennen gegangen ist, hat 1,5 Kilometer Schwimmen gut hinter sich gebracht. Auch die schweren 40 Kilometer auf dem Rad, auf unwirtlichen, extrem rutschigen Straßen in Ungarns Hauptstadt, liegen hinter ihm.Seit' an Seit' mit seinem schärfsten Rivalen um den WM-Titel, dem Spanier Javier Gomez, läuft "Frodo" aus der Wechselzone hinaus auf die abschließende Laufstrecke über zehn Kilometer. Der Spanier tritt, ganz wie er es immer macht, in einem Höllentempo an. Frodeno kann nicht folgen - kein Drama, denn die Ausgangslage ist klar: Wenn Gomez gewinnt, genügt Frodeno ein dritter Platz zum WM-Titel.Doch mit Frodeno stimmt etwas nicht. Erst läuft der Brite Alistair Brownlee, Weltmeister 2009, an ihm vorbei. Dann der Australier Brad Kahlefeldt. Als der Schweizer Sven Riederer nach gerade einmal 500 Metern Frodeno überholt, gibt er seinem Kumpel ein Handzeichen, das bedeutet: Komm', klemm dich an meine Fersen, ich ziehe dich! Doch Frodeno probiert es gar nicht erst. Denn er kann nicht. Sein Körper ist völlig ausgekühlt, seine Beine gehorchen ihm nicht mehr. Spätestens jetzt ist klar: Der Traum von Frodeno, als erster Triathlon-Olympiasieger auch Weltmeister zu werden, ist ausgeträumt."Ich habe alles versucht und 101 Prozent gegeben, aber es hat nicht gereicht", sagt er nach dem Rennen. "Meine Beine waren heute wie gelähmt, ich konnte einfach nichts machen." Zwischenzeitlich beklomm ihn gar das Gefühl, "dass es meine Wade gleich zerreißt". Das Wetter in Budapest - unwirtliche 17 Grad Celsius, regnerisch, windig, Wassertemperatur beim Schwimmen 14 Grad - konnte er lange nicht so wegstecken wie seine Konkurrenten.Die Szenen auf der Laufstrecke ähnelten frappierend dem WM-Rennen des vergangenen Jahres in Kitzbühel, als Frodeno bei gleichen Witterungsbedingungen durchgefroren durchgereicht wurde und am Ende sogar aufgeben musste. Das tut er diesmal nicht und quält sich irgendwie als 41. mit fast vier Minuten Rückstand ins Ziel. Später spricht er vom "härtesten Tag meines Lebens".Ein anderer darf den "schönsten Tag meines Lebens" feiern. Während Frodeno in der Gesamtwertung am Ende sogar aus den Medaillenrängen fällt, läuft Steffen Justus, der seit Anfang des Jahres für die Triathlonfreunde Saarlouis startet, das Rennen seiner Karriere. Vor dem Start lag "Schmatzel" auf Platz fünf der Gesamtwertung. Justus verhält sich taktisch klug, wartet in der Verfolgergruppe geduldig ab - und tritt dann 500 Meter vor dem Ziel an. Hinter Brownlee und dem neuen Weltmeister Gomez läuft Justus als Dritter ein. Und weil der Portugiese João Silva sich vor Brad Kahlefeldt auf Platz vier schiebt, macht Justus das Unmögliche wahr und wird Vize-Weltmeister. "Dass ich es hier noch auf's Treppchen schaffe, ist der Wahnsinn. Ich hatte davon geträumt, hätte aber nie gedacht, dass es wirklich klappt. Für mich lief es schon beim Schwimmen gut, und auf der Laufstrecke habe ich endgültig gespürt, dass dies heute mein Rennen wird", jubelt Justus. Und so bringt Justus statt Frodeno die ersehnte WM-Medaille an den Olympiastützpunkt nach Saarbrücken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort