Salzburger Festspiele: Oben Wolken, unten Otello mit Kühlschrank

Salzburg. Diesmal gab es - anders als beim "Don Giovanni" - wieder jede Menge "Suche Karte!"-Schildchen. Was wohl vor allem am Salzburg-Liebling Riccardo Muti lag. Bei der zweiten großen Opernpremiere der Festspiele lässt der es denn auch im Großen Festspielhaus gleich zu Beginn gewaltig krachen

Salzburg. Diesmal gab es - anders als beim "Don Giovanni" - wieder jede Menge "Suche Karte!"-Schildchen. Was wohl vor allem am Salzburg-Liebling Riccardo Muti lag. Bei der zweiten großen Opernpremiere der Festspiele lässt der es denn auch im Großen Festspielhaus gleich zu Beginn gewaltig krachen. Der Italiener entfesselt mit den Wiener Philharmonikern einen Sturm, als würde Poseidon persönlich versuchen, das Segelschiff Otellos daran zu hindern, in Zypern anzulegen, um sich dort so über ein geklautes Taschentuch aufzuregen, dass er seine Frau deswegen kurzerhand erwürgt.Muti und das Orchester, das nach dem vertändelten "Don Giovanni" von letzter Woche irgendwo heimlich eine Dosis südlichen Feuers, aber auch Sensibilität getankt zu haben scheint, bleiben denn auch die eigentlichen Stars des Abends. Von den Hauptfiguren kann vor allem die Desdemona von Marina Poplavskaya mithalten, die ihren großen letzten Auftritt zu einem Höhepunkt macht: mit hinreißenden Piani und einer Todesahnung, die jene Dimension aufscheinen lässt, die an diesem Abend sonst nur Behauptung bleibt. Leider auch stimmlich. Zwar ist Carlos Álvarez ein Jago von tadelloser Eloquenz, doch seinem Credo fehlt jede diabolische Dimension. Aleksandrs Antonenko steht die Partie als Mittelklasse-Otello zwar durch, bleibt aber mit schauspielerischem Talent in Kühlschranknähe. Was in dieser Inszenierung nicht weiter ins Gewicht fällt: In der Mitte von George Souglides' symmetrisch mit einem Festungsinnenhof zugebauter Breitbandbühne findet sich eine Leinwand für Meereswogen und Wolkenwallen. Regisseur Stephen Langridge beschränkt sich auf ein Arrangieren des historisch kostümierten Personals. In Salzburg war so etwas Verstaubtes schon lange nicht mehr zu sehen.

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