Landjugend Eine alte Tradition lebt wieder auf

St. Wendel · Die Landwirtschaft hat nicht den besten Ruf. Die St. Wendeler Landjugend will dieses Image jetzt aufpolieren.

 Spaß muss sein: Auch dieses Jahr ist die St. Wendeler Landjugend wieder beim Fastnachtsumzug mitgegangen.

Spaß muss sein: Auch dieses Jahr ist die St. Wendeler Landjugend wieder beim Fastnachtsumzug mitgegangen.

Foto: Manuel Federkeil

Bauern sind primitiv, schmutzig und irgendwie zurückgeblieben. Das jedenfalls zeigt RTL jedes Jahr aufs Neue. In der Kuppel-Show „Bauer sucht Frau“ begleitet der Sender Landwirte auf der Suche nach einer Partnerin – und stellt sie dabei als unattraktive Tollpatsche dar. Jungbauer Martin Stoll ärgert das maßlos. Er sagt: „Die Medien ziehen die Landwirtschaft in den Dreck.“

Der 24-Jährige wohnt in Hoof, ist gelernter Landwirt und hat schon als Kind auf Bauernhöfen mitgeholfen. Bis heute liebt Stoll das Leben auf dem Land. Die Arbeit in der Natur und mit den Tieren fasziniert ihn. Doch der Jungbauer hat beobachtet, dass der Ruf der Landwirtschaft immer schlechter wird. Und das liege nicht nur an der Kuppel-Show. In den vergangenen Jahren würden sich die Menschen beispielsweise häufiger über den Gülle-Geruch beschweren. Hinzu komme der ewige Streit um den Einsatz von Glyphosat und die ständige Kritik, dass Bauern den Unkrautvernichter noch einsetzen. „Dabei sind wir doch diejenigen, die Lebensmittel produzieren. Das sollte mehr geschätzt werden“, ist Stoll überzeugt.

Er hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, das Image der Landwirtschaft zu verbessern. 2014 hat Stoll mit zwei Mitstreitern die St. Wendeler Landjugend wieder ins Leben gerufen. Nach neun Jahren Stillstand. „Die Gruppe hat eine lange Tradition. Die darf nicht verloren gehen“, sagt Stoll. Der Verband biete jungen, an der Landwirtschaft interessierten Leuten die Möglichkeit, sich offiziell für ihre Interessen stark zu machen. Im Saarland gibt es insgesamt vier Gruppen in Blieskastel, Lebach, Orscholz und eben St. Wendel. Die Mitglieder sehen den ländlichen Raum als ihre Heimat. Sie gestalten das Leben vor Ort aktiv mit. Helfen beispielsweise, Hoffeste zu organisieren und sind bei Bauernmärkten vertreten.

„Wir haben auch schon die Strohpuppe am Hüterhof aufgestellt“, erzählt Stoll von den Aktivitäten. Drei Mal ist die Gruppe beim Fastnachtsumzug durch die St. Wendeler Innenstadt mitgegangen. Immer wieder unternehmen sie Ausflüge. Vergangenes Jahr sind die Jungen und Mädchen etwa in eine Käserei nach Frankreich und auf ein Schleppertreffen gefahren. „Wir versuchen, uns regelmäßig einmal pro Monat zu treffen“, sagt Stoll.

Er erklärt jedoch, dass die Landjugend kein reiner Spaßverein ist. Sie engagiere sich auch politisch. „Wir gehören aber keiner Partei an und lehnen den Rechtsextremismus ab“, stellt der Jungbauer klar. Denn in der Vergangenheit sah sich der Verband mit Vorwürfen konfrontiert, der rechten Szene nahezustehen. „Wir wollen keine Partei unterstützen. Wir möchten uns nur mit den Politikern austauschen, um ihnen unsere Anliegen zu verdeutlichen“, sagt Stoll. Gelungen sei das zum Beispiel im Januar. Vier Jungbauern der St. Wendeler Landjugend reisten zur Grünen Woche nach Berlin und konnten dort an Gesprächen mit Politikern teilnehmen.

Insgesamt sind mittlerweile 30 Jungen und Mädchen Mitglied in der St. Wendeler Gruppe. Zwar sind die meisten von ihnen in der Landwirtschaft aktiv. Aber das ist kein Muss. Generell kann jeder zwischen 16 und 35 Jahren mitmachen. Einzige Bedingung: „Man sollte eine Kuh von einem Traktor unterscheiden können“, sagt Stoll und lacht.

Klingt lustig, ist aber ernst gemeint. Denn Mitglieder der Landjugend müssen auch Rede und Antwort stehen können. „Wenn ich auf dem Feld arbeite, sprechen mich schon viele Spaziergänger an, die Fragen haben“, erzählt Niklas Gisch, zweiter Vorsitzender der St. Wendeler Landjugend. Manche wollen etwa wissen, wie alt die Kälber sind. Andere interessieren sich dafür, ob gekennzeichnete Bio-Lebensmitteln auch echte Bio-Produkte sind. „Die Menschen würden sich heutzutage viel schlechter mit der Landwirtschaft auskennen als früher. „Manchmal besuchen Kindergartenkinder den Hof meiner Eltern. Dann sehen sie, dass die Milch nicht aus dem Karton kommt“, sagt Gisch. Und genau das sei auch das Ziel der Landjugend, die Menschen über die Landwirtschaft zu informieren. Ihnen so zu zeigen, dass die Realität nichts mit der RTL-Kuppel-Show zu tun hat.

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