Austausch Austausch zwischen Nord und Süd auf Augenhöhe

St. Wendel · St. Wendel, Nohfelden und Tholey beteiligen sich an einem Nachhaltigkeitsprojekt. Dazu gehörte auch ein interkommunales Treffen.

 Kollegialer Austausch beim interkommunalen Treffen in St. Wendel (von links): St. Wendels Bürgermeister Peter Klär, Bürgermeister Thierno Souleymane Diallo, Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit, Professor Peter Heck vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement, Bürgermeister Mamadou Aliou Laly Diallo und Vize-Bürgermeister Fabio Elias Schneider.

Kollegialer Austausch beim interkommunalen Treffen in St. Wendel (von links): St. Wendels Bürgermeister Peter Klär, Bürgermeister Thierno Souleymane Diallo, Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit, Professor Peter Heck vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement, Bürgermeister Mamadou Aliou Laly Diallo und Vize-Bürgermeister Fabio Elias Schneider.

Foto: B&K/Bonenberger/

Ein Gemisch aus Stimmen und Sprachen herrscht beim Betreten des Wendelinussaals im St. Wendeler Missionshaus. In kleinen Gruppen stehen die Menschen zusammen, reden auf Deutsch, Englisch oder Französisch. Sie kommen aus verschiedenen Ecken der Welt. Haben aber zwei Dinge gemeinsam: den Job und den Wunsch, das Leben der Menschen in ihrer Heimat nachhaltig zu gestalten. Beim zweiten interkommunalen Treffen können sich Bürgermeister und Vertreter von 13 ausgewählten Kommunen aus dem Saarland (darunter St. Wendel, Nohfelden und Tholey) mit Kollegen aus Südamerika, Asien und Afrika austauschen. Und möglicherweise so die Basis für künftige Partnerschaften legen.

Aus Kleinem Großes entstehen lassen – diese Idee des Saarlandes lasse sich laut Professor Peter Heck vom Institut für Stoffstrommanagement (IfaS) auch auf das Thema Nachhaltigkeit übertragen. In einer Vollversammlung der Vereinten Nationen wurde 2015 die Agenda 2030 verabschiedet. „Darin wurden 17 Nachhaltigkeitsziele definiert, dazu gehören unter anderem der Klimaschutz, die Bildung, keine Armut oder bezahlbare und saubere Energien.“ Aber wie soll all das erreicht werden? Um die Vorgaben der Agenda 2030 auf lokaler Ebene umzusetzen, hat die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global mit dem IfaS auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld ein Beratungsangebot für Kommunen im Saarland. „Und wenn wir das machen, dann wollen wir auch konkrete Projekte sehen“, formuliert Heck, Projektleiter beim IfaS, den Anspruch seinesTeams.

So geht es zum einen darum, dass die einzelnen deutschen Gemeinden nachhaltiger werden und zum anderen um den Austausch in Sachen Nachhaltigkeit mit südlichen Ländern. Deshalb wurde eine Strategie mit 13 saarländischen Kommunen entwickelt. Teils haben sich diese beworben. Teils hat Heck sie angesprochen. „Ich wollte zum Beispiel St. Wendel unbedingt dabei haben“, so Heck.

Zunächst wurde der Ist-Zustand der einzelnen Gemeinden dargestellt. Auf Schautafeln haben sich diese im Missionshaus präsentiert. Im nächsten Schritt soll laut Heck eine so genannte Road-Map entstehen. Darin wird aufgezeigt, was die Kommune tun kann, um nachhaltiger zu werden. Ein wichtiges Thema ist auch der Austausch zwischen Norden und Süden und dazu gibt es bei dem interkommunalen Treffen in St. Wendel reichlich Gelegenheit.

Nofehldens Bürgermeister Andreas Veit (CDU) steht mit Fabio Elias Schneider, Vize-Bürgermeister von Alto Feliz in Brasilien, zusammen. Kürzlich hat die Gemeinde Tholey eine Partnerschaft mit Alto Feliz geschlossen. Nohfelden wiederum pflegt schon seit einigen Jahren eine grenzenübergreifende Freundschaft mit Feliz, der Nachbargemeinde von Alto Feliz in Brasilien. Durch die räumliche Nähe der Kommunen hier und in Südamerika bietet es sich an, zusammenzuarbeiten. „Wir haben uns vorgenommen, die Partnerschaft nach Brasilien zu viert zu leben“, sagt Andreas Veit, der zusammen mit Fabio Elias Schneider quasi die wegen Terminen verhinderten Amtskollegen von Tholey und Feliz vertritt.

Neben dem Austausch mit Brasilien möchte sich die Nohfelder Verwaltung dem Thema „nachhaltiger Konsum“ widmen. „Wir müssen uns schlau machen, beispielsweise bei fair gehandelten Lebensmitteln für Schulen oder Kitas oder im Bereich Bau-Materialien.“ Außerdem soll künftig mehr im Bereich Elektromobilität passieren. Veit könnte sich Nutzfahrzeuge oder Fahrzeuge der Verwaltung mit Elektroantrieb vorstellen, aber auch Arbeitsgeräte wie Laubsauger. In Nohfelden gibt es einen Nachhaltigkeitsrat mit acht Personen aus der Gemeinde.

Ein solcher Rat könnte auch in Tholey gegründet werden, wie Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU) auf Nachfrage im SZ-Gespräch verrät. Ebenso wie in Nohfelden gelte es, sich in den Bereichen Mobilität und nachhaltiger Konsum zu verbessern. Im kommenden Februar ist eine Reise nach Alto Feliz geplant. Dann möchte Schmidt mit seinem brasilianischen Kollegen über mögliche Projekte sprechen.

Ein schwarzer Mann im schicken Anzug, mit Krawatte und weißem Hemd, steht auf und ergreift das Wort. Es wird ruhig im Saal, denn alle lauschen dem, was Mamadou Aliou Laly Diallo, Bürgermeister der Stadt Labé im afrikanischen Guinea, zu sagen hat. Abfall sei in seiner Heimat ein Problem. Außerdem könnten sie aus ihren Stärken nicht wirklich Nutzen schlagen. Er spricht die Mango-Ernte an. Viele der Früchte würden einfach verfaulen, weil die Möglichkeit der Konservierung fehle. „Ich habe den jungen Leuten bei meiner Wahl ein Versprechen gegeben, dass ich mich für sie einsetze“, sagt Diallo. Er wolle Zuhause Arbeitsplätze schaffen, damit die Menschen nicht mehr flüchten.

Gerade dieser letzte Satz hat viele der Anwesenden beeindruckt. So auch St. Wendeles Bürgermeister Peter Klär (CDU). „Es hat mir nochmal verdeutlicht, warum Menschen flüchten.“ Es habe ihn auch beschämt zu hören, mit welchen Problemen die Menschen in Afrika zu kämpfen haben, während wir uns über Nichtigkeiten aufregen. Probleme mit Abfall, Abwasser und Elektrizität werden mehrfach von den Bürgermeistern aus Ghana, Kamerun oder dem Senegal genannt. Gerade bei den Themen Abfall und Abwasser könne St. Wendel „mit technischem Know-how helfen.“ „Wir haben es selbst gemacht und können daher auch konkrete Tipps geben“, so Klär. Die Visitenkarte von Mamadou Aliou Laly Diallo liegt schon mal auf seinem Schreibtisch.

Umwelt-Staatssekretär Roland Krämer (SPD) bewertet das interkommunale Treffen positiv. „Es kann Anstöße geben, Ideen können sich entwickeln.“ Er sehe die Möglichkeit, mit konkreten Projekten tatsächlich nachhaltig zu helfen. Auch Andreas Veit ist froh, bei dem Treffen gewesen zu sein. „Es ist schön über den Tellerrand zu schauen und nochmal zu begreifen, dass wir in größere Strukturen eingebunden sind.“ Es gehe nicht darum, als deutsche Kommune oberlehrerhaft aufzutreten, sondern zu schauen, wo es Dinge gibt, die andere von uns übernehmen können. Aber auch andersherum sei ein Austausch denkbar.

Neben dem Treffen in St. Wendel sind die Bürgermeister aus dem südlichen Afrika, Asien oder Südamerika auch eine Woche lang in der Region herumgereist, um Biogasanlagen, Nahwärmenetze und weitere Einrichtungen rund um Energie, Abfall und Abwasser zu besuchen. „Das hat alle motiviert. Sie haben gesehen: Es gibt die Technik, man muss sie nur ins Land holen“, sagt Professor Heck. Für konkrete Nord-Süd-Projekte gibt es einen Topf mit Fördergeldern. Auch das könnte ein Anreiz für Kommunen sein, etwas anzustoßen. „Ich hatte das Gefühl, dass gerade die Bürgermeister aus Nohfelden und St. Wendel bei dem Treffen schon einige Gespräche geführt haben“, bilanziert Heck. Sein Wunsch wäre es, dass alle 13 Kommunen Partnerschaften mit südlichen Gemeinden eingehen. „Das wäre ein toller Beitrag des Saarlandes“, so Heck.

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