Stromlos – was nun?

Oberthal · Wenn der Strom nicht mehr durch die Leitungen fließt, gerät unser Leben ins Stocken. Das merken wir schon, wenn für kurze Zeit kein Saft aus der Dose kommt. Aber was wären die Folgen eines großflächigen Stromausfalls über einen längeren Zeitraum? In der Oberthaler Bliestalhalle sprachen drei Experten über Ursachen, Folgen und Sicherheitsmaßnahmen.

 Podiumsdiskussion mit Dr. Helmut Grimm, Diplom-Geologin Christine Eismann und Roman Fixemer (von links). Fotos: B & K

Podiumsdiskussion mit Dr. Helmut Grimm, Diplom-Geologin Christine Eismann und Roman Fixemer (von links). Fotos: B & K

"Das deutsche Stromnetz ist vergleichsweise sicher", sagte Roman Fixemer, Geschäftsführer des saarländischen Stromversorgers VSE. Pro Jahr fiele im Bundesdurchschnitt pro Kopf der Strom für 15 Minuten aus. Ärgerlich für jeden von uns, aber verkraftbar. Ganz anders sehe die Situation bei einem großflächigen Stromausfall aus. Wesentliche Teile des alltäglichen Lebens werden lahmgelegt. Fixemer referierte bei der Informationsveranstaltung "Stromlos - was nun?" in der Oberthaler Bliestalhalle über mögliche Ursachen.

Das Szenario eines großflächigen und mehrere Tage andauernden Stromausfalls sind indes nicht aus der Luft gegriffen. Fixemer: "Nach heftigen Schneefällen im Münsterland kam es 2005 zu einem fünf Tage dauernden Stromausfall , von dem circa 250 000 Menschen betroffen waren." Damit sei aber noch nicht die Fahnenstange erreicht; von einem großflächigen Ausfall werde erst gesprochen, wenn Hilfe von außen nicht mehr möglich sei. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn einer der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber -- sie liefern den Strom dorthin, wo er gerade gebraucht wird - ausfiele.

Deutschland lässt sich aber nicht isoliert betrachten. Die Stromversorgung ist längst ein europäisches Thema, weil die Netze miteinander verbunden sind. Welche Auswirkung das haben kann, illustrierte Fixemer am Beispiel der Ausschiffung des Kreuzfahrtdampfers Norwegian Pearl aus der Papenburger Meyer Werft am 4. November 2006: "Aus Sicherheitsgründen wurden Hochspannungsleitungen abgeschaltet. Das sorgte für einen Leistungsüberschuss von zehn Megawatt aus den Windkraftanlagen in Norddeutschland." Die Netze schalteten sich ab, mit der Folge, dass Teile von Deutschland (inklusive dem Saarland), Frankreich, Belgien, Italien, Österreich und Spanien bis zu zwei Stunden der Saft ausging. Ein Netzfehler in Deutschland kann also dafür sorgen, dass in Madrid die Lichter ausgehen und in Wien die Züge still stehen.

Laut Fixemer steige künftig die Wahrscheinlichkeit von Stromausfällen. Obwohl die Last von Seiten der Verbraucher weiterhin recht gut vorausberechenbar sei, berge der Weg, auf erneuerbare Energien zu setzen, Risiken, denn Photovoltaik und Windenergie liefern nicht konstant Strom. Absolute Spitzen im Energieverbrauch würden vor allem in November bei trüb-feuchtem Wetter auftreten, "wenn viele Leute nach Hause kommen und erst mal die Heizung aufdrehen, um sich aufzuwärmen." Das zu einer Zeit, in der Solarenergie flach fällt.

Blockade aus Bayern

 Die Diskussion in der Bliestalhalle in Oberthal war gut besucht. Das Thema Stromausfall geht gerade in der Zeit zunehmender Technisierung jeden an.

Die Diskussion in der Bliestalhalle in Oberthal war gut besucht. Das Thema Stromausfall geht gerade in der Zeit zunehmender Technisierung jeden an.

Um eine sichere Versorgung mit Strom weiterhin zu gewährleisten, muss die Ausbeute aus erneuerbarer Energie ausgebaut werden. Fixemer bedauerte, dass es keine gesamtdeutschen Plan gebe.

Der Bund (130 Gigawatt) und die Länder (230 Gigawatt) peilten unterschiedliche Ziele an. Zudem gibt es ein doppeltes Nord-Süd-Gefälle: Während die süddeutsche Industrie viel Energie benötigt, produziert der Norden in seinen Offshore-Anlagen (Windräder in Nord- und Ostsee) relativ verlässlichen Ökostrom. Um die Windenergie dorthin zu liefern, wo sie dringend benötigt wird, müssten leistungsstarke Stromtrassen von Norden nach Süden gebaut werden, was die bayrische Regierung allerdings blockiert.

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