Wer Musik machen will, muss hören lernen

Saarwellingen. "Zu lehren heißt lehren, wie man lernt." Mit diesem Satz beantwortet Gilad Atzmon in Anlehnung an den Philosophen Martin Heidegger die Frage nach der Art und Weise, wie er seine Schüler unterrichtet. Atzmon, 1963 in Jerusalem geboren, lebt heute in London und kommt seit fünf Jahren nach Saarwellingen, um hier eine Woche lang zu unterrichten

Saarwellingen. "Zu lehren heißt lehren, wie man lernt." Mit diesem Satz beantwortet Gilad Atzmon in Anlehnung an den Philosophen Martin Heidegger die Frage nach der Art und Weise, wie er seine Schüler unterrichtet. Atzmon, 1963 in Jerusalem geboren, lebt heute in London und kommt seit fünf Jahren nach Saarwellingen, um hier eine Woche lang zu unterrichten. Eigentlich, so sagt er, ist es ganz einfach, wenn man beim Lehren drei Grundsätze beherzigt: Man sollte als Lehrer zunächst die Probleme, die ein Schüler beim Lernen hat, erkennen und sie ihm bewusst vor Augen führen. Hat ein Schüler seine Probleme erkannt, kann er in einem zweiten Schritt nach Möglichkeiten suchen, diese Probleme zu lösen. Der dritte Schritt besteht dann in der Fortentwicklung des Vorhergehenden. Und das ist nach seiner Auffassung gerade in der Musik, und hier vor allem im Jazz, von entscheidender Bedeutung. Denn der Mensch ist nach seiner Überzeugung die Kraft hinter dem Instrument und hinter der Musik. Die Musik muss von innen kommen. Aus diesem Grund lässt er die Teilnehmer an seinen Workshops zunächst singen und lässt dabei die Instrumente völlig außer Acht. Es ist Gilad Atzmon wichtig, dass seine Schüler hören lernen, und dabei vor allem, dass sie zunächst sich selbst hören lernen. Dass seine Schüler diese Methodik und seine Sichtweise von Musik zu schätzen wissen und sie in sich aufnehmen, war an diesem Morgen in der Kappelschule in Saarwellingen deutlich zu spüren. Sieben Teilnehmer hatten sich eingefunden, zwei Frauen und fünf Männer, fünf Saxophonisten, ein Geiger und eine Bratschistin saßen sich mit ihrem Dozenten in einem Kreis gegenüber. Rhythmik steht zunächst auf dem Programm. Das Aufschlüsseln eines 4/4-Taktes in Achtel, Triolen und Sechzehntel wird zunächst ohne Instrument, durch das Sprechen von genau phrasierten Silben und gleichzeitigem Klopfen des Taktes eingeübt. Auch hier steht wieder das genaue Hinhören am Anfang jeder Übung. Und die Teilnehmer . . .? Da ist zum Beispiel Adrian Rannut, der Geiger (Foto: Krämer). 3000 Kilometer von Estland bis nach Saarwellingen hat er zusammen mit seinem Bruder, der als Pianist an einem Workshop bei dem Pianisten Thilo Wagner teilnimmt, auf sich genommen, um bei Gilad Atzmon Jazz zu lernen. Er kommt aus der klassischen Musik, in der Noten vorherrschen und in der in aller Regel nach Noten gelernt und in den Orchestern auch gespielt wird. Und nun sitzt er hier und ist überrascht, dass es auch ohne dieses Hilfsmnittel geht. Dass es möglich ist, Melodielinien und -phrasen zu hören und sie zu verinnerlichen, um sie dann wiederzugeben. Ein anderer ist der Saxophonist Mathias Bosch aus Aachen. Die Vielfältigkeit der Seminare von Gilad Atzmon und die Schulung des Gehörs als Grundlage einer jeden Improvisation schätzt er am meisten. Nicht zu vergessen, so Bosch, sei aber auch die tadellose Organisation der Jazzwerkstatt und die hervorragende Betreuung. An diesem Freitagabend präsentieren beim Abschlusskonzert die Schüler und Dozenten gemeinsam die Früchte ihrer Arbeit.

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