Cave Philo Wenn Jugendsprache salonfähig wird

Saarwellingen · Im Gewölbekeller des Rathauses Saarwellingen ging es am Sonntag beim „Cave Philo“ um alles, was „cool“ ist. 18 Teilnehmer wollten mitdiskutieren.

 20 Jahre talk im Gewölbekeller: Im „Cave Philo“ hat der Philosoph Gerhard Alt Stichworte und Diskussionsfäden in der Hand.

20 Jahre talk im Gewölbekeller: Im „Cave Philo“ hat der Philosoph Gerhard Alt Stichworte und Diskussionsfäden in der Hand.

Foto: Johannes A. Bodwing

Die Gedanken sind frei in einem weiß getünchten Gewölbekeller des Saarwellinger Rathauses. Dort findet seit 20 Jahren das „Cave Philo“ statt. Selbst nachdenken, statt andere nachzuplappern, lässt sich das Motto zusammenfassen. Dafür braucht es kein Studium, wie am Sonntagvormittag das Thema „cool“ deutlich machte. 18 Teilnehmer saßen beiderseits des Mittelganges an kleinen runden Bistrotischen. Gedämpftes Licht an den Wänden, vorne hielt der Philosoph Gerhard Alt die Fäden zusammen.

Begonnen hatte die Auseinandersetzung mit „cool“ bei dessen ursprünglicher Bedeutung. Der englische Begriff bedeutet kühl, doch Anfang des 20. Jahrhunderts verschob sich die Bedeutung hin zu Stimmungen und Verhalten. „Cool“ gehörte lange Zeit zur Jugendsprache. „Seit 1980 steht es offiziell im Duden“, hatte eine Teilnehmerin herausgefunden. „Es gibt mehr als 100 Bedeutungen.“ Ein Konzert könne cool sein, ein Film, eine Person oder ein Ereignis, trugen sie zusammen. Werde das Wort jedoch einfach für alles verwendet, „regt es an zur Denkfaulheit“, kritisierte eine Teilnehmerin. Sie befürchtete zudem, dass die Vielfalt der deutschen Sprache darunter leide. „So viele Bedeutungen, die verloren gehen.“

„Cool“ bleiben, also gelassen und abwägend, auch in hitzigen Momenten, kristallisierte sich als ein wesentlicher Aspekt heraus. Damit kam Alt auf die griechische Lehre der Stoiker. Für sie spielt das Einüben emotionaler Selbstbeherrschung eine wesentliche Rolle. Ebenso mit Gelassenheit und Seelenruhe nach Weisheit zu streben. Alt sprach Western und Film Noir an, mit abgeklärten Helden wie Felsen in der Brandung. „Coolness kann man üben“, war er sich sicher. Andererseits, so die allgemeine Meinung am Sonntag, „wer auf cool macht, bloß um cool zu wirken, ist schon wieder uncool“. Auf die geschlechtsspezifische Verwendung des Wortes verwies eine Teilnehmerin. „Ist eine Frau, wenn sie cool ist, eher männlich?“ Dazu zog die Gruppe vor allem Konventionen heran.

Seit 1998 dabei ist Hansi Weber. Es gehe um die Vielfalt, „dass man merkt, dass andere Menschen anders denken“. Und darum, „einen Gedanken, den man im Kopf hat auch richtig anzusprechen“. „Das ist alltägliche Philosophie“, erklärten zwei Frauen. „Das kann jeder verstehen.“ Und zu Hause gingen die Gedanken weiter. Wie das „Cave Philo“ ins Saarwellinger Rathauses kam, stellte Alt dar. „Es gab diesen Keller, den hat die Gemeinde eingerichtet für kulturelle Veranstaltungen. Ich hatte damals gelesen, dass es in Frankreich Café Philosophique gab.“ Die rief der Philosoph Marc Sautet ins Leben, das Erste öffnete 1992 in Paris. Mittlerweile sollen es weltweit über 150 sein. „Ich habe vor einigen Jahren Saarwellingen in einer Liste philosophischer Cafés eingetragen. Da standen wir zwischen Osnabrück und St. Gallen.“

1998 ging das „Cave Philo“ in Saarwellingen an den Start. Auf bislang an die 200 Veranstaltungen schätzte Alt die Diskussionsrunden. Am Sonntag beteiligten sich daran 18 Teilnehmer. „Ich habe Cave Philo schon mit drei Leuten gemacht“, erinnerte sich Alt. „Wir waren aber auch schon mal 29. Da ging es um Tod.“ Die von Gerhard Alt moderierten Treffen sind jeden ersten Sonntag im Monat, 10.30 Uhr bis 12.15 Uhr. Pause ist im August und September. Eintritt an der Tageskasse 2,50 Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Der Eingang befindet sich hinter dem Saarwellinger Rathaus.

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