Vor Oberbürgermeister-Stichwahl am Sonntag, 14.10. Wahlkampf von Haustür zu Haustür

Zweibrücken · Marold Wosnitza und Christian Gauf laufen sich derzeit die Hacken ab, um durch persönlichen Kontakt zu möglichst vielen Bürgern als Sieger aus der Oberbürgermeister-Stichwahl hervorzugehen. Der Merkur begleitete beide eine Stunde.

 Die beiden OB-Kandidaten Christian Gauf (linkes Bild) und Marold Wosnitza (rechtes Bild) diese Woche beim Haustür-Wahlkampf.

Die beiden OB-Kandidaten Christian Gauf (linkes Bild) und Marold Wosnitza (rechtes Bild) diese Woche beim Haustür-Wahlkampf.

Foto: Lutz Fröhlich

„Wasser mit oder ohne?“ Marold Wosnitza lässt allen in seinem Helferteam am Dienstagnachmittag im Zweibrücker SPD-Parteibüro die Wahl, ob sie still oder sprudelnd ausgestattet in den Haustür-Wahlkampf nach Niederauerbach ziehen wollen. Die Wahl haben am 14. Oktober auch die Zweibrücker Bürger – aber eine deutlich folgenreichere Wahl, nämlich ob sie den Sozialdemokraten Wosnitza oder den Christdemokraten Christian Gauf in den nächsten acht Jahren prickelnder als Oberbürgermeister finden. Um die Bürger von sich zu überzeugen, laufen sich derzeit beide Kandidaten die Hacken ab, um potenzielle Wähler auch durch den persönlichen Kontakt von sich zu überzeugen.

Einen so intensiven Haustür-Wahlkampf gab es in Zweibrücken noch nie bei einer OB-Wahl. Angefangen hat damit Wosnitza: Beim Nominierungsparteitag der SPD am 1. August kündigte er „einen Wahlkampf des Zuhörens“ an, er wolle an 1000 Türen klingeln, „um mehr darüber zu erfahren, was die Leute in Zweibrücken bewegt“ und wo es Probleme gebe. Bis zum ersten Wahlgang am 23. September klingelte Wosnitzas 28-köpfiges Helferteam an insgesamt 3300 Türen, 1003 Mal war Wosnitza persönlich dabei.

Die CDU – die schon immer bedauert hatte, dass Gauf als Bürgermeister und Vertreter des verstorbenen OB Kurt Pirmann (SPD) viel weniger Zeit für Wahlkampf habe als Professor Wosnitza in den Semesterferien – kam dann in ihrer Wahlanalyse zu dem Schluss, dass Wosnitzas Haustürwahlkampf wesentlich dafür war, dass der 15-Prozentpunkte-Vorsprung für Gauf in einer Mitte August durchgeführten repräsentativen Umfrage bei der Wahl am 23. September in einen Sechs-Punkte-Vorsprung für Wosnitza umschlug. Woraufhin auch Gauf (der nur an 100 bis 150 Türen geklingelt hatte) nun vor der Stichwahl den Haustürwahlkampf massiv intensiviert hat. Weil ihm der persönliche Kontakt wichtiger sei, zog Gauf sogar die Zusage zu einer Podiumsdiskussion mit Wosnitza zurück und klingelte allein an diesem Tag an 230 Haustüren – also doppelt so viel wie in der gesamten Zeit vor dem ersten Wahlgang. Wobei Gauf an der Haustür immer selbst dabei ist, unterstützt von jeweils ein, zwei Helfern aus seinem rund 15-köpfigen Team.

Und Gauf drückt weiter aufs Tempo. So sehr, dass selbst der langbeinige Merkur-Reporter kaum hinterherkommt, als Gauf am Mittwochnachmittag durch die Straßen am Fasanerieberg sprintet (aber sich trotzdem immer wieder Zeit an den Haustüren für einen kurzen Plausch nimmt, der oft durch kleine Scherze seines Wahlhelfers Rolf Franzen in Gang kommt). Bis zur Wahl am Sonntag will Gauf an über 3000 Türen persönlich geklingelt haben – und hätte damit sogar Wosnitza überholt, dessen gesamtes Team sich vorgenommen hat, zwischen den beiden Wahlterminen an 1500 zusätzlichen Türen zu klingeln.

Beide Kandidaten beginnen mit einen Standardspruch, wenn sich nach dem Klingeln eine Tür öffnet. Gauf stellt sich als „Christian Gauf, Bürgermeister und OB-Kandidat“ vor, Wosnitza – der zu Beginn des Wahlkampfs Bürgern oft noch erklären musste, wer er ist – stellt sich mittlerweile nur noch kurz als „Wosnitza“ vor und erinnert an den Stichwahl-Termin 14. Oktober. Nach dieser kurzen Begrüßung bieten sowohl Wosnitza als auch Gauf an, einen Flyer dazulassen. Wenn dann noch ein Bürger das Gespräch sucht, freuen sich die Kandidaten – wenn nicht, ziehen sie schnell weiter zur nächsten Tür.

Für Wosnitza beginnt seine Tour am Dienstag links und rechts der Felsbachstraße mit einer Ablehnung: „Keine SPD“ rufen im Vorgarten sitzende Männer. Wosnitza antwortet: „Aber gehen Sie bitte trotzdem wählen.“ Gleich nebenan öffnet ein Ehepaar das Fenster. Auch hier ist der Kontakt mit Wosnitza und der ihn diesmal begleitenden Juso-Chefin Theresa Wendel nur kurz – aber aus für Wosnitza erfreulicherem Grund: „Ihr braucht mich nicht zu erinnern“, outet sich die Frau als Sympathisantin, ihr Mann würdigt Wosnitzas Haustürwahlkampf anerkennend: „Das kostet viel Kraft.“ Und auch Gewicht: Sechseinhalb Kilo hat Wosnitza seitdem verloren. Gauf verrät auf die entsprechende Merkur-Frage nur: „Ich nehme zumindest nicht zu.“

Auch Gauf hat an einer der ersten Türen am Mittwoch Pech. „Für die Stadt ist wichtig, dass es aufwärts geht“, sagt der Bürger. Meint er damit Gauf, der „Weiter aufwärts mit Christian Gauf“ plakatiert? Vermutlich nicht, zeigt ein Blick auf das Auto des Mannes, es hat hinten einen Wosnitza-Aufkleber. Doch nur wenig später hat Gauf ein echtes Erfolgserlebnis: „Beim ersten Mal haben wir die Konkurrenz gewählt“, verrät ein älterer Herr, „aber nachdem wir ihren Flyer gelesen haben, haben wir diesmal mit Briefwahl Sie gewählt. Die Erfahrung, die Stadt bereits zu regieren, ist Gold wert!“ Seine Frau wendet sich noch „mit einem ganz persönlichen Anliegen an Sie, Herr Gauf: Kann man nicht die Post wieder an einen anderen Platz bringen, etwa in den Bahnhof“. Das sei eine Idee Wosnitzas, räumt Gauf ein. Diese finde er zwar auch sehr sympathisch, und er werde darüber mit der Post sprechen – Hoffnungen wolle er aber keine machen: „Ganz ehrlich: Das ist eine Entscheidung des Unternehmens. Und die werden mit der Postbank nah bei den Leuten bleiben wollen, an der Fußgängerzone.“

Wenn Bürger inhaltlich etwas ansprechen, gehen die Themen querbeet, berichten beide Kandidaten. Wobei Wosnitza von relativ häufigen Fragen zu den Möbelhaus-Plänen für die Truppacher Höhe („da hatte ich viele spannende Diskussionen, letzte Woche eine Viertelstunde mit jemand, das war toll“), Tesla und Bauamt berichtet. Bei den anderthalb Stunden, in denen der Merkur Wosnitza begleitet, spricht kaum ein Bürger inhaltlich etwas an (ein Mann wünscht sich mehr Rosen statt „Unkraut“ in den Pflanzkübeln in der Innenstadt – Wosnitza pflichtet dem bei, das hätten ihm auch schon viele gesagt). Ansonsten bleiben die Dialog meist kurz – aber aus für Wosnitza nicht unerfreulichem Grund: Immer wieder erzählen ihm Bürger, sie hätten ihn schon gewählt oder wünschen ihm einfach „viel Erfolg“ für die Stichwahl. Auch Gauf bekommt das oft zu hören.

Wosnitza wie Gauf reden offen darüber, was ihr jeweiliges Ziel in den drei Wochen zwischen den beiden Wahlterminen ist: Die eigenen Wähler wieder an die Urne zu bringen, und den einen oder anderen der vielen Nichtwähler (die Wahlbeteiligung am 23. September lag bei 44,9 Prozent) an die Urne zu bringen. Gauf verweist zudem auf die Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten. Und nicht selten bietet der Haustürwahlkampf auch Gelegenheit, etwas zum Wahlprozedere zu erläutern oder Missverständnisse aufklären. Wosnitza etwa berichtet: „In der ersten Woche nach dem ersten Wahltag gab es oft die Frage: ,Wie? Nochmal wählen? Sie haben doch schon gewonnen!?’ “ Kandidat und Programm seien mittlerweile bekannt, ist Wosnitzas Eindruck: „Uns ist schnell klar geworden: Jetzt geht es nur noch ums Mobilisieren.“

Das Mobilisieren ist auch Gauf wichtig. „Ich habe damit gerechnet, dass Sie es werden am 23. September, das war dann eine große Enttäuschung“, sagt ihm am Mittwoch eine Frau, ein Mann macht Gauf Mut: „6,3 Prozentpunkte aufzuholen, kann ich mir vorstellen.“ Das sei schon einiges, sagt Gauf zunächst vorsichtig, er gehe davon aus, dass die Entscheidung am 14. Oktober „ganz knapp“ ausfalle – aber er rechne sich durchaus Chancen aus, denn beim ersten Wahlgang seien viele seiner potenziellen Wähler infolge der Umfrage, die ihn scheinbar komfortabel weit vorn sah, wohl zuhause geblieben.

 OB-Kandidat Marold Wosnitza (SPD) war am Dienstag unterhalb der Kaserne in Niederauerbach mit Juso-Chefin Theresa Wendel unterwegs.

OB-Kandidat Marold Wosnitza (SPD) war am Dienstag unterhalb der Kaserne in Niederauerbach mit Juso-Chefin Theresa Wendel unterwegs.

Foto: Lutz Fröhlich
 OB-Kandidat Christian Gauf klingelte am Mittwoch an Haustüren am Fasanerieberg, hier überreicht er Thomas Bellaire seinen Flyer.

OB-Kandidat Christian Gauf klingelte am Mittwoch an Haustüren am Fasanerieberg, hier überreicht er Thomas Bellaire seinen Flyer.

Foto: Lutz Fröhlich
 Marold Wosnitza beim Fachsimpeln mit der Bürgerin Ortrud Cleemann – nicht nur über Politik, sondern auch Walnüsse und „sozialdemokratisch rote“ Äpfel.

Marold Wosnitza beim Fachsimpeln mit der Bürgerin Ortrud Cleemann – nicht nur über Politik, sondern auch Walnüsse und „sozialdemokratisch rote“ Äpfel.

Foto: Lutz Fröhlich
 Christian Gauf wurde am Mittwoch beim Straßenwahlkampf am Fasanerieberg von Rolf Franzen (links) und Sara-Kim Schneider begleitet.

Christian Gauf wurde am Mittwoch beim Straßenwahlkampf am Fasanerieberg von Rolf Franzen (links) und Sara-Kim Schneider begleitet.

Foto: Lutz Fröhlich

Verlassen können sich beide Kandidaten übrigens auf ein grundlegende Instrument im Haustür-Wahlkampf: Ihre Schuhe. Allerdings auch da mit deutlichen Unterschieden: Gauf hat schwarze Adidas-Wanderschuhe gewählt, weil er auf Nummer sicher setzt: „Die sind am stabilsten, wenn ich mal umknicke.“ Wosnitza dagegen hatte keine Wahl: Die SPD schenkte ihm für den Haustür-Wahlkampf ein rotes paar Nike-Schuhe. Die sehen auch nach zehn Wochen Dauereinsatz noch fast wie neu aus, obwohl Wosnitza ihnen „keine besondere Pflege“ angedeihen lässt.

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