„Aber bitte nicht in meiner Nähe“

Ludwigshafen · Immer öfter lassen Besitzer von Haustieren ihre Lieblinge nach deren Tod einäschern. Dafür gibt es bundesweit etwa 25 Tierkrematorien. Neubaupläne sorgen allerdings für Diskussionen oder gar Streit.

Als der Labrador der alten Dame stirbt, entscheidet sie sich dafür, ihn einäschern zu lassen. Damit liegt sie im Trend. Immer mehr Tierbesitzer lassen ihre Lieblinge nach deren Tod verbrennen. Tierkrematorien stoßen bei vielen Menschen jedoch auf Vorbehalte, zum Beispiel aus Gründen des Umweltschutzes.

Rund 500 Unterschriften und Einwendungen gab es zum Beispiel gegen eine Einrichtung, die eine Investorengruppe demnächst in Ludwigshafen eröffnen will. Die Stadtverwaltung gab dennoch grünes Licht: "Man muss letztlich eine Entscheidung nach fachlichen Richtlinien treffen", sagt der Bereichsleiter Umwelt bei der Stadt, Rainer Ritthaler.

Weshalb lassen Menschen ihre toten Tiere einäschern? "Das Verhältnis zu Heimtieren hat sich grundlegend gewandelt", sagt Gert Buttgereit vom Bundesverband der Tierbestatter. Tiere, ob Hund oder Katze, seien immer mehr zum Sozialpartner geworden - auch angesichts der mancherorts wachsenden Single-Gesellschaft. Das zeige sich eben auch bei der Tierbestattung. Zudem dürfe man die Asche von Tieren - im Gegensatz zur Asche von Menschen - zu Hause aufbewahren.

Neue Tierkrematorien stoßen jedoch auf Widerstände. "Ich kenne in letzter Zeit kein Krematorium, wo es nicht eine Bürgerinitiative gab", sagt Buttgereit. "Jeder möchte alles haben, aber bitte nicht in seiner Nähe, und das gilt gerade für Tierkrematorien." Dabei gälten für solche Einrichtungen dieselben Vorschriften wie für jene, in denen Menschen eingeäschert werden. Der Funktionär macht für den Protest eher psychologische Gründe verantwortlich. So hätten viele Menschen noch das Wort "Abdeckerei" im Hinterkopf.

Das Ludwigshafener Tierkrematorium soll am Stadtrand in einem Gewerbegebiet entstehen, in einem hellen Gebäude mit rückwärtiger Halle. Fast 500 000 Euro wollen der Tierbestatter Harald Spannagel und Kollegen aus Hessen, Bayern und dem Saarland hier investieren. Zu dem Projekt gehören ein Ofen, der bis zu 50 Kilogramm pro Stunde verbrennen kann, zwei Kühlcontainer und zwei Abschiedsräume mit Monitoren. Der Tierbesitzer soll den Beginn der Einäscherung verfolgen können, wenn ihm danach ist.

Geplant sei einerseits, dass Bestatter hier Tiere verbrennen lassen können, sagt Reiner Wolf, Investor aus Saarbrücken. Zum anderen sei das Krematorium ein Angebot an Menschen in der Region, deren Tier stirbt. "Die haben dann direkt vor Ort die Möglichkeit, ihr Tier kremieren zu lassen und die Asche gleich wieder mitzunehmen." Fast 5000 Kadaver sollen künftig pro Jahr hier verbrannt werden.

Protest kommt unter anderem von Eltern, deren Kinder eine etwa 300 Meter entfernte Kita besuchen. In Ludwigshafen gebe es genug Flächen. Die Frage sei, warum die Anlage gerade dort entstehen müsse, sagt Ralf Widmaier vom Stadtelternausschuss. Kritisiert wird zudem, dass die Betreiber keinen Filter einbauen lassen. In der Gegend gebe es bereits Firmen, die "luftreinhaltemäßig nicht unbedenklich sind", sagt Widmaier. "Es stellt sich die Frage, ob es unbedingt sein muss, dass man dort ein Krematorium hat, das keine Abgasanlage hat." Die Mehrkosten lägen bei 20 000 bis 50 000 Euro.

Aus Sicht der Betreiber ist ein solcher Filter jedoch nicht notwendig - und deshalb ökonomisch nicht sinnvoll. "Das ist ja keine große Anlage", sagt Merker. Sie halte die gesetzlichen Grenzwerte - etwa für Staub, Dioxin und Kohlenmonoxid - bei weitem ein. Dort werde auch, anders als in Krematorien für Menschen, kein Amalgam aus Zähnen verbrannt. Ein Filter koste sogar 200 000 bis 250 000 Euro. Im Verhältnis zur Gesamtinvestition gesehen sei das "Wahnsinn", sagt Wolf.

"Die Emissionen bei uns entstehen im Wesentlichen durch Kraftfahrzeuge, Hausbrand und die Industrie - nicht durch solche Kleinanlagen", meint Stadt-Mitarbeiter Ritthaler.

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