„Wir alle haben ein ernsthaftes Problem“

Berlin · An der Niederlage der CDU gibt es nichts schönzureden. Das versuchte gestern in Berlin auch keiner. Kanzlerin Merkel will sich heute äußern.

Dietmar Bartsch , Fraktionschef der Linken, brachte es auf den Punkt: "Alle Bundestagsparteien haben verloren. Wir alle haben ein ernsthaftes Problem." Und dieses Problem heißt AfD. Aus sämtlichen Lagern zogen die Rechtspopulisten laut den Statistiken zur Wählerwanderung Stimmen ab und wurden so zur zweitstärksten Partei, noch vor der CDU . Und das im Stammland von Bundeskanzlerin Angela Merkel . AfD-Chefin Frauke Petry spekulierte schon, die Kanzlerin könne bei der Bundestagswahl 2017 gar ihren Wahlkreis Stralsund verlieren, denn das Ergebnis sei "eine Klatsche". Allerdings lag die CDU-Vorsitzende dort beim letzten Mal mit über 56 Prozent sehr klar vorn.

Merkels Statthalter in Berlin versuchten erst gar nicht, die Sache schön zu reden. "Dieses Ergebnis ist bitter für alle in unserer Partei", sage CDU-Generalsekretär Peter Tauber. "Dritter Platz, das ist eine neue Erfahrung." Tauber gab unumwunden zu: Die Flüchtlingsfrage habe den Ausschlag gegeben. CDU-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer sagte, zwar habe die Bundesregierung auf die Sorgen der Menschen wegen der Flüchtlinge bereits mit zahlreichen Gesetzen und Maßnahmen reagiert, doch wirke das zum Teil noch nicht oder sei bei vielen nicht angekommen.

Bei den gefrusteten Grünen, die eine Zitterpartei um die Fünf-Prozent-Hürde erlebten, schob Parteichef Cem Özdemir die Schuld für den AfD-Erfolg auch auf den "Streit in der Groko" um die Flüchtlingsfrage und meinte vor allem die CSU . Die blieb an diesem Abend mit Vorwürfen gegen Merkel relativ zurückhaltend, dafür äußerte sich die SPD in Berlin lautstark. "Die Union hat zu Flüchtlingen und Migration noch nie ein Verhältnis gehabt", giftete SPD-Parteivize Torsten Schäfer-Gümbel und sein Kollege Ralf Stegner sagte mit Blick auf den Streit Merkel-Seehofer: "Die eine führt die netten Reden und die anderen hetzen gegen Ausländer - diese Arbeitsteilung funktioniert nicht."

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel ließ keine Gelegenheit aus, um mittzuteilen, dass Merkel in der Flüchtlingspolitik Fehler gemacht habe. Sie habe die Flüchtlinge zwar willkommen geheißen, aber nicht genug getan, um die damit verbundenen Probleme zu lösen.

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