Treffen der Gesundheitsminister zum Corona-Virus Die EU sieht in Sachen Coronavirus keinen Grund zur Panik

Brüssel · Wirklich optimistisch klang Jens Spahn (CDU) nicht. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Lage schlechter wird, bevor sie besser wird“, sagte der Bundesgesundheitsminister am Donnerstag bei einem Sondertreffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel.

Einziges Thema: Ist die EU gut genug gegen das Coronavirus gerüstet? „99 Prozent der Infektionen treten in China auf. Innerhalb der EU gibt es nur wenige Krankheitsfälle“, beruhigte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. 15 Verdachtsfälle in Deutschland, elf in Frankreich, drei in Italien. „Die Kliniken sind vorbereitet, die Labore arbeiten koordiniert an Gegenmitteln“, bestätigte der kroatische Gesundheitsminister Vili Beros, der als Vertreter der halbjährlich wechselnden EU-Ratspräsidentschaft das Dringlichkeitstreffen leitete.

Das dürfte indes nur die halbe Wahrheit sein. Nicht nur Spahn warnte vor einem absehbaren Mangel an Medikamenten, vor allem Antibiotika, weil durch den Virus die Produktion in der besonders betroffenen chinesischen Provinz Hubei zum Erliegen gekommen ist. Aufgrund der Lieferketten seien die Wirkstoffe aus Fernost bis zu vier Wochen unterwegs. Europa lebe deshalb jetzt noch von den Vorräten. „Die Probleme kommen noch“, sagte Spahn. Denn die ohnehin begrenzten Vorräte in anderen Teilen der Welt nähmen immer weiter ab. Die Minister appellierten an die Europäische Kommission, endlich etwas zur Stärkung der Pharma-Produktion in der EU zu unternehmen. Eine kurzfristige Lösung ist aber nicht in Sicht. Also setzt die Gemeinschaft auf Vorbeugung und Kontrollen der Einreisenden. Spahn hatte vorgeschlagen, Personen aus China, bei denen ein Infektionsverdacht besteht, notfalls zu zwingen, über alle Kontaktpersonen vor Ort Auskunft zu geben. Darüber gab es Streit. Am Ende verständigte man sich auf eine abgeschwächte Formulierung ohne Druck.

Doch die Ruhe ist trügerisch. Zwar bemühten sich die 27 Gesundheitsminister am Donnerstag, aufkommender Nervosität entgegenzutreten. „Es gibt keinen Grund zur Panik“, war der meist zitierte Satz. Trotzdem hat die Gemeinschaft in den Krisenmodus geschaltet. Kommissarin Kyriakides bot an, die Schutzausrüstung von Kliniken und Quarantäne-Stationen zentral durch die EU zu beschaffen. Ein Krisen-Team wurde bereits installiert und verschaffe „sich gerade einen Überblick“. Doch woher dieses Krisen-Team Material bekommen will, sollte China als Lieferant ausfallen, konnte am Donnerstag niemand sagen. Und Minister Beros räumte ein, dass man im Fall eines Übergreifens der Epidemie auf die Europäische Union über weitergehende Maßnahmen wie Grenzschließungen reden müsse.

Parallel dazu wächst vor allem im Europäischen Parlament der Unmut über die anfangs gelobten chinesischen Behörden. „Wir müssen unbedingt über die Vertuschung der Krankheit durch die chinesischen Behörden sprechen“, erklärte der Gesundheitsexperte der EVP-Fraktion, Peter Liese (CDU). Die Tatsache, dass der kürzlich verstorbene Arzt Li Wenliang, der frühzeitig vor Covid-19 gewarnt hatte, von Peking mundtot gemacht worden war, dürfe nicht übergangen werden.

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