Sternstunde im All

Köln · Forscher haben die nächste Etappe einer spektakulären Mission im All gemeistert: Mini-Labor „Philae“ ist wach. Erstmals in der Raumfahrtgeschichte erkundet nun bald ein ferngesteuerter Roboter einen Kometen.

Es war ein Weckruf aus 655 Millionen Kilometer Entfernung: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln hat am Freitag den Forschungs-Roboter "Philae" im Weltall angeknipst. Das dreibeinige Landegerät, das etwa so groß wie ein Kühlschrank und mit einem Labor ausgestattet ist, soll voraussichtlich im November von der Weltraumsonde "Rosetta" auf einem Kometen abgesetzt werden. Diesen Kometen soll "Philae" dann mehrere Monate lang untersuchen. Zurzeit befindet sich das Mini-Labor noch auf der "Rosetta". Bisher war es im Winterschlaf, doch am Freitag sandte es nach dem Weckruf des DLR Daten zurück zur Erde. "Wir werden im Laufe des Aprils die ganzen Subsysteme und Instrumente des Landers eins nach dem anderen einschalten und testen", sagte Projektleiter Stephan Ulamec.

Bereits 2005 war die japanische Raumsonde "Hayabusa" auf einem Asteroiden gelandet. Eine Landung auf einem Kometen gab es bisher aber noch nie. Um das zu schaffen, soll "Rosetta" bis August ganz nah an den Kometen "67P/Tschurjumow-Gerassimenko" - kurz "Tschury" - heranfliegen. Er ist mehr als 800 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Voraussichtlich am 11. November soll sich "Philae" dann mit Eisschrauben und zwei Harpunen an dem Kometen festkrallen und mehrere Monate lang auf seinem Rücken durchs All reiten. Anschließend können die Forscher zum ersten Mal in der Geschichte der Raumfahrt den Kometenschweif genau untersuchen. Bisher gab es immer nur kurze Momentaufnahmen im Vorbeifliegen. "Wenn's gelingt, ist es das erste Mal, dass so etwas klappt", sagte Ulamec. "Ein historisches Ereignis!"

Auf den Spuren des Lebens

Dabei geht es um mehr als nur Kometenforschung: Denn die Planeten unseres Sonnensystems sind aus Staub entstanden - Staub, wie ihn die Kometen noch immer hinter sich herziehen. Wie fliegende Kühlschränke konnten diese Himmelskörper weit entfernt von der Sonne das ursprüngliche Material konservieren. Neben Staub bestehen die fliegenden Brocken nämlich aus Eis und gefrorenem Gas. Ein Teil des Wassers auf der Erde könnte von Kometeneinschlägen stammen. Die kosmischen Brocken könnten also eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Lebens auf unserem Planeten gespielt haben. "Deshalb bieten Kometen Wissenschaftlern die Möglichkeit, in die Entstehungszeit unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren zu blicken", erläuterte Ulamec.

"Philae" ist für seine Experimente vollgestopft mit Apparaten. "Wir beobachten, wie sich der Schweif entwickelt, wie groß die Staubteilchen sind, die mitgerissen werden, wie viel Staub wieder zurückfällt", so der Projektleiter. "Das kann man nur mit einer Mission untersuchen, die dort vor Ort ist." Allerdings bleiben "Philae" nur einige Monate Zeit: Mitte 2015, wenn er der Sonne recht nahe kommt, wird es auf dem Kometen zu heiß für die Geräte des Landers. Wenn er Pech hat, kommt sein Ende noch früher. "Es kann sein, dass er vorher stirbt - wenn zu viel Staub auf die Solarzellen fällt", sagte Ulamec. Tod durch Sternenstaub wäre das dann. Aber bis dahin soll die Astronomie erst einmal eine Sternstunde erleben.

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