Krankenpfleger gesteht Mordserie

Oldenburg · Im Gefängnis soll er sich als Serienmörder gebrüstet haben. Das könnte sich bewahrheiten: 30 Patienten will ein Pfleger in Niedersachsen umgebracht haben. Oder waren es noch mehr?

Lange hatte der ehemalige Krankenpfleger geschwiegen. Jetzt bestätigt er einen furchtbaren Verdacht: Eine der größten Mordserien an Krankenhäusern könnte auf sein Konto gehen. Bis zu 30 Patienten will der Mann am Klinikum im niedersächsischen Delmenhorst getötet haben. Er selbst äußert sich am Donnerstag nicht im Gericht. Er lässt einen psychiatrischen Gutachter eine Stellungnahme verlesen.

Emotionslos, fast schon gleichgültig, wirkt der 38-jährige Angeklagte bisher im Prozess. Das ist auch an diesem Tag nicht anders. Dennoch täusche der Eindruck, dass ihn das Ganze kalt lasse, lässt er erklären. Er schäme sich für seine Taten, die nicht zu entschuldigen seien. 90 Patienten will er demnach von 2003 bis 2005 in Delmenhorst ein Medikament gespritzt haben, dass schwere Herzrhythmusstörungen und andere Komplikationen verursachte. 30 überlebten das nicht.

Vor dem Landgericht Oldenburg ist der Ex-Pfleger bisher wegen des Todes von fünf Patienten angeklagt. Für die Angehörigen ist es nach wie vor schwer zu fassen, wieso ihre Mutter oder ihr Opa sterben musste. Ein Motiv nennt der Angeklagte auch in seiner Stellungnahme nicht. Laut Staatsanwaltschaft trieben ihn Geltungsdrang und später auch Langeweile dazu. Er soll die Notfälle provoziert haben, um zu beweisen, wie gut er Menschen wiederbeleben könne.

Christian Marbach verlor auf diese Weise seinen Großvater. Nach dem Geständnis des Angeklagten ist er erleichtert. Trotzdem bleiben bei ihm viele Fragen offen. Wie konnte der Pfleger so lange ungehindert töten? "Das ist ein Skandal in Serie", meint der 44-Jährige. Vor Gericht sagten ehemalige Kollegen aus, dass es auffällig viele Wiederbelebungen während der Dienstzeit des Mannes gegeben habe. Doch Konsequenzen hatte das nicht.

Erst als eine Kollegin den Pfleger im Sommer 2005 auf frischer Tat ertappt, wird er gestoppt. Das Landgericht verurteilt ihn mehr als drei Jahre später wegen Mordversuchs zu siebeneinhalb Jahren Haft. Schwere Versäumnisse sehen Angehörige und Patientenschützer auch bei der Staatsanwaltschaft. Schon während des ersten Prozesses gab es den Verdacht, dass der Pfleger noch deutlich mehr Menschen umgebracht haben könnte. Doch erst seit November untersucht eine Sonderkommission systematisch den Tod von Patienten während der Dienstzeit des Pflegers. Die Polizei ermittelt insgesamt in mehr als 170 Fällen - auch an anderen Arbeitsstätten des Mannes.

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