Mit einer Sieben-Dollar-Gitarre fing alles an

Tupelo/Memphis · Ein Verkäufer drückt einem kleinen Jungen eine Gitarre in die Hand. Jahre später wird aus Elvis Presley einer der größten Stars der Musik-Geschichte. Auch Jahrzehnte nach seinem Tod lieben ihn die Menschen.

 In dieser Hütte im Städtchen Tupelo (o.l.) wurde Elvis Presley geboren. Jahre später, nach seinem Durchbruch als Sänger und Schauspieler, lebte er in der opulenten Graceland-Villa. Fotos: Rettig

In dieser Hütte im Städtchen Tupelo (o.l.) wurde Elvis Presley geboren. Jahre später, nach seinem Durchbruch als Sänger und Schauspieler, lebte er in der opulenten Graceland-Villa. Fotos: Rettig

Die wohl beliebteste Stelle im Eisen- und Haushaltwaren-Laden im Städtchen Tupelo ist markiert durch ein kleines, schwarzes Kreuz auf dem Fußboden. Es ist kaum noch zu sehen, weil so viele Besucher in den Laden kommen, die sich nicht für die in hohe Regale gestapelten Töpfe, Messer oder Werkzeuge interessieren. Sie wollen einfach nur genau auf diesem Punkt vor einem der Tresen stehen - ganz so wie der zehnjährige Elvis Aaron Presley an einem Nachmittag im Jahr 1946 . Er stand dort und wollte unbedingt ein Gewehr haben. Da seine Mutter das aber nicht erlaubte, drückte der Verkäufer Forrest L. Bobo dem kleinen Elvis eine Gitarre in die Hand - für 7,75 Dollar plus Steuern. Als ihm seine Mutter anbot, die Differenz zu seinem Gesparten zu zahlen, ging der Junge den Deal ein. "Wir machen gern den Witz, dass Elvis dann gesagt hat: That's all right, Mama", sagt die Angestellte Connie Tullos lachend. "Und der Rest, der ist ja Geschichte."

Dieser Satz fällt nicht nur in Tupelo im Nordosten Mississippis gern, wo Elvis am 8. Januar vor 80 Jahren geboren wurde, sondern auch im zwei Autostunden entfernten Memphis , wo er als Teenager mit seinen Eltern hinzog und später die berühmte Villa Graceland kaufte. Obwohl er bereits 1977 starb, stößt man bis heute in beiden Städten auf unzählige Spuren des King of Rock'n'Roll, der mit Tolle, Hüftschwung und Schmelz in der Stimme die Musikwelt auf den Kopf stellte. Mal sind die Orte für seine Biografie ganz entscheidend, mal handelt es sich auch nur um lustige Fußnoten wie im Arcade Restaurant in Memphis . Dort scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, seit Elvis sich am liebsten in die Sitznische ganz hinten in der Ecke verzog. Heute erinnern eine kleine Plakette, ein "Blue Hawaii"-Plattencover und ein paar Fotos unter anderem mit Elvis‘ Ex-Frau Priscilla daran, dass er häufig hier auftauchte, um sein Bananen-Erdnussbutter-Lieblingssandwich zu essen.

Auch das Sun Studio, im Grunde der Geburtsort des Rock'n'Roll, existiert noch. Jerry Lee Lewis , Roy Orbison , Johnny Cash und Carl Perkins standen hier in den 50ern am Mikro - und eben auch der damalige Lkw-Fahrer Elvis, der 1953 ein paar Dollar in seine ersten, privaten Aufnahmen investierte. Nur auf Empfehlung seiner Assistentin Marion Keisker holte der Labelbesitzer Elvis Monate später zurück ins Studio, um die erste Single einzusingen: "That's All Right". Der Song schlug sofort ein. Und der Rest? Ist hier natürlich ebenfalls Geschichte.

An den Sun Studios zieht auch Tad Pierson auf seiner Tour mit dem Cadillac kurz rechts ran. Der schöne Wagen, Jahrgang 55 und mit 400 000 Meilen auf dem Tacho, ist perfekt für eine Fahrt durch die Straßen, durch die einst der junge Elvis lief. Ende der 40er zogen die Presleys aus Tupelo in die Großstadt Memphis , in etwas bessere Verhältnisse und eine größere Sozialwohnung in den Lauderdale Courts. Heute kann man das einstige Apartment der Familie nächteweise mieten. "Es gibt Fans, die sich dort auf die Couch setzen, schweigen und einfach nur Elvis fühlen wollen", sagt Pierson.

Zwischen dem Leben in den Lauderdale Courts und in Graceland lagen nur vier Jahre. "Dann hatte er bereits so viel Geld, dass er die Villa bar abbezahlen konnte", sagt Pierson. Das einst rund 100 000 Dollar teure Anwesen ist natürlich das Epizentrum der rock'n'roll-royalen Pilgerströme und eines Millionengeschäfts bis heute. Mehr als eine halbe Million Fans werden dort jährlich mit moderner Tablet-Selbstführung durch ein reibungslos organisiertes Gedenkmuseum geschleust und verdrücken nicht selten zum Schluss ein Tränchen am Grab im Meditationsgarten. Es gibt Flugzeuge und Wände voll goldener Schallplatten, private Memorabilia, Exponate zu den 33 Elvis-Filmen und viele Outfits, wie die glitzernden Jump-Suits und den sexy, schwarzen Lederanzug des großen 1968er Comeback-Specials. Herzstück ist aber die Villa mit ihren 23 Zimmern, in der sich auch einige der dunkelsten Stunden des depressiven, drogensüchtigen Megastars abspielten. Der erste Stock mit dem Schlafzimmer und dem Bad, in dem Elvis an einer Überdosis starb, ist bis heute Sperrzone für Besucher.

Graceland gibt zwar einen großen Einblick in Elvis‘ Leben, lenkt den Fokus aber vor allem aufs glanzvolle Gedenken und die Erfolge. Tad Pierson erweitert dieses Bild auf seiner Cadillac-Tour mit anderen Anekdoten. Während er etwa die Humes High School ansteuert, wo Elvis zur Schule ging, erzählt er von dem Teenager und, wie er sagt, der fast schon krankhaften Schüchternheit. "Jimmy Denson, der früher hier mit Elvis aufwuchs, hat mir Geschichten erzählt, dass Elvis nach der Schule verprügelt wurde. Er wollte aber einfach nicht zurückschlagen und lief stattdessen weinend nach Hause", sagt Pierson. "Wenn man nur ein wenig tiefer gräbt, dann kommt der Mensch zum Vorschein."

Auch aus Elvis' Geburtsstätte ist ein Erinnerungsort geworden. Die originale, winzige Zwei-Zimmer-Holzhütte in Tupelo, eingerichtet wie früher und mit typischer Veranda davor, steht noch. Weil die aber nach einem Wimpernschlag besichtigt ist, wurde das Paket um einen Park erweitert. Dort plätschert ein Gedenk-Springbrunnen vor sich hin. Es gibt ein Museum und eine kleine Kirche, in der man in einer Rundum-Projektion mitten in einem Gottesdienst wie vor 70, 80 Jahren sitzt, ähnlich wie ihn Elvis erlebte. "In der Kirche hat er gelernt zu singen", sagt Guy Harris, der einst mit Elvis aufgewachsen ist. Und der Rest? Der ist auch hier wieder Geschichte.

 In dieser Hütte im Städtchen Tupelo (o.l.) wurde Elvis Presley geboren. Jahre später, nach seinem Durchbruch als Sänger und Schauspieler, lebte er in der opulenten Graceland-Villa. Fotos: Rettig

In dieser Hütte im Städtchen Tupelo (o.l.) wurde Elvis Presley geboren. Jahre später, nach seinem Durchbruch als Sänger und Schauspieler, lebte er in der opulenten Graceland-Villa. Fotos: Rettig

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HintergrundElvis-Fieber in Hessen: Von 1958 bis 1960 war der "King of Rock'n'Roll" als Soldat in Friedberg stationiert und wohnte im benachbarten Bad Nauheim . Deshalb gibt es in Hessen jetzt zahlreiche Veranstaltungen. Der Elvis-Presley-Verein Bad Nauheim-Friedberg und das Wiesbadener Kulturamt laden heute in die Landeshauptstadt ein zu einer Party mit Geburtstagstorte. In Bad Nauheim wird gleich mehrfach gefeiert, bis zum 10. Januar laden sowohl der Verein als auch die Elvis-Presley-Gesellschaft zu Partys ein. Am 11. Januar endet die Festwoche in Friedberg mit einer Vorführung des Films "Viva Las Vegas" (1964). Die Stadt Bad Nauheim lockt mit einer Fackelführung und einer Führung "Auf den Spuren von Elvis". Zudem wird im "Theater am Park" morgen mit einem Konzert an den jungen Elvis erinnert. Tags darauf treten zwei mehrfach ausgezeichnete Elvis-Interpreten auf. dpa

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